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Archiv-Artikel

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Stabwechsel in Kabul

Deutschland und die Niederlande übernehmen heute gemeinsam von der Türkei die Führung der von der UNO mandatierten Friedenstruppe in Kabul. Aus diesem Anlass reisen Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) und sein niederländischer Amtskollege Henk Kamp heute in die afghanische Hauptstadt. Die International Security Assistance Force (Isaf) sichert die afghanische Übergangsregierung und den Wiederaufbau. Neuer Kommandant der 4.500-köpfigen Truppe aus 22 Nationen wird der deutsche Generalleutnant Norbert van Heyst.

Die Bundesregierung war in der Vergangenheit mehrfach gebeten worden, die Truppe zu führen, was sie jedoch bis zum vergangenen Herbst ablehnte. Dann war nicht zuletzt wegen der deutsch-amerikanischen Verstimmung in Sachen Irak der Druck so groß, dass man sich in Berlin zusammen mit den Niederlanden zur Führung entschloss.

Die Türkei reduziert jetzt ihr Kontingent drastisch, weil sie wegen des drohenden Irakkrieges ihre Soldaten selbst braucht. Bundesverteidigungsminister Struck will in sechs bis acht Monaten das Isaf-Kommando am liebsten an die Nato abgeben. Nach Meinung des scheidenden türkischen Kommandeurs wird die Isaf noch mindestens zwei bis drei Jahre in Kabul bleiben müssen.

Bereits seit vergangenem März hat die Bundeswehr die taktische Führung von Isaf. Jetzt wurde das Bundeswehrkontingent auf 2.500 Frauen und Männer verdoppelt. Die neue Führungsaufgabe beinhaltet die Verantwortung für die gesamte Truppe und damit auch, sie notfalls zu verstärken oder zu evakuieren. Die Bundeswehr ist damit auch für den Betrieb des Flughafens Kabul zuständig.

Nicht zuletzt aufgrund der in letzter Zeit vermehrten Anschläge bezeichnete Struck am Wochenende den Einsatz in Afghanistan als „äußerst gefährlich“. Bisher kamen neun deutsche Soldaten ums Leben: zwei bei der unsachgemäßen Entschärfung einer Rakete im März und sieben beim Absturz eines Hubschraubers im Dezember. Von Isaf getrennt, sind weitere rund 100 Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) im Rahmen der Operation „Enduring Freedom“ bei Kandahar im Einsatz. SVEN HANSEN