heute in bremen: „Keine Europa-Cheerleader“
DEMO „Pulse of Europe“ (POE) geht auch in Bremen für ein demokratisches Europa auf die Straße
30, arbeitet als Soziologe an der Uni Bremen und ist Teil des bremischen POE-Orga-Teams.
taz: Herr Herold, wofür gehen Sie auf die Straße?
Emanuel Herold: Wir wollen angesichts der kommenden Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich für Europa auf die Straße gehen und gegen die wachsende Renationalisierung und Europa-Feindlichkeit.
Woher stammt die Idee zu „Pulse of Europe“?
„Pulse of Europe“ hat sich als Bürgerini 2016 in Frankfurt gegründet und ist dort Anfang 2017 zum ersten Mal auf die Straße gegangen. Danach kamen Berlin und Freiburg und immer mehr Städte, auch in anderen europäischen Ländern. In Bremen findet am Sonntag unsere dritte Kundgebung statt.
Wie groß war bisher der Zulauf?
Beim ersten Mal waren ungefähr 150, beim letzten Mal schon 270 Menschen da – ganz erfreulich, finde ich.
Und dort werben Sie dann für Europa?
Nein. Wir haben ein offenes Mikrofon. Die TeilnehmerInnen erzählen, warum ihnen Europa wichtig ist. Da gibt es natürlich auch kritische Stimmen, beispielsweise gegen die wachsende wirtschaftliche Ungleichheit. Wir sind keine Europa-Cheerleader, wir wollen über Europa reden.
Verstehen Sie sich als Gegenbewegung zu Pegida?
Wir möchten dem durchaus etwas entgegensetzen und bekommen von vielen Leuten auch die Rückmeldung, dass so etwas wie die POE-Kundgebungen längst überfällig waren. Aber wir wollen keine reine Anti-rechts-Demo sein, sondern konstruktiv darüber diskutieren, auch mit Hilfe des aktuellen Weißbuchs der EU–Kommission, was in der EU besser werden muss.
Was zum Beispiel?
Die EU muss reformiert werden. So muss zum Beispiel das EU-Parlament unbedingt weiter gestärkt werden, indem es ein vollumfängliches Initiativrecht erhält.
Aber ist nicht vielmehr das Problem, dass viele Menschen nicht verstehen, was die EU überhaupt ist?
Europa ist permanent sichtbar, im Fernsehen, in den Zeitungen, im Internet. Aber in der Tat wissen nur wenige, wie der Apparat funktioniert. Das schafft Intransparenz. Das muss sich ändern. Aber auch die Idee von Europa, die ja viel älter ist als die EU, ist vielen nicht bekannt – auch sie muss transportiert und diskutiert werden.
Sie wollen sich bis zur Wahl in Frankreich jeden Sonntag versammeln, aber auch in Deutschland wird dieses Jahr gewählt …
Es ist gar nicht so einfach, unsere Kundgebungen deutschland- bzw. europaweit zu koordinieren, weil unsere Bewegung so schnell wächst, deswegen müssen wir schauen, wie’s nach der Frankreich-Wahl weitergeht. Ich fände es aber gut, weiterzumachen. INTERVIEW schn
Sonntag, 14 Uhr, Marktplatz
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