heute in bremen : Therapie kulturell anpassen
KulturwissenschaftlerInnen stellen ihr Forschungsprojekt „Diagnose: MigrantIn“ vor
Worin unterscheidet sich die HIV-Erkrankung einer Türkin von der eines Deutschen?
Anja Wessel, Uni Bremen: Die Erkrankungen als solche unterscheiden sich natürlich nicht. Doch der kulturelle Kontext kann die Art, wie die Erkrankung erlebt wird, erheblich beeinflussen. In einigen Kulturkreisen wird HIV oft noch stärker als hier mit Homosexualität assoziiert – und tabuisiert.
Sie sprechen von „kulturspezifischen Bildern“ von Gesundheit – welche können das sein?
Das deutsche Verständnis von Medizin ist nicht auf alle Kulturen übertragbar. Im Islam wird beispielsweise nur der Körper, nicht aber die Psyche als Zentrum von Krankheiten anerkannt. Psychische Krankheiten werden daher oft tabuisiert.
Fordern Sie interkulturelle Zusatzausbildungen für ÄrztInnen?
Es wäre vermessen, aus einem so kleinem Forschungsprojekt wie unserem politische Forderungen abzuleiten. Unser Anliegen beschränkt sich erst einmal darauf, dass sich bewusst gemacht wird, dass es diese Unterschiede gibt. Als Arzt muss ich immer das kulturelle Verständnis von Krankheit meiner Patienten berücksichtigen. Und darauf muss ich die Anwendung meines biologischen Wissens abstimmen.
Immer wieder sterben Papierlose in Deutschland wegen mangelnden Zugangs zur Gesundheitsversorgung. Ist der Ruf nach mehr kultureller Sensibilität da nicht der zweite Schritt vor dem ersten?
Das ist natürlich eine Zielgruppe mit besonderen Problemen. Wir hatten eher die Menschen im Blick, die hier schon angekommen sind und diesen Zugang haben. Fragen: cja
Symposium „Diagnose: MigrantIn“, ab 17 Uhr, Lagerhaus