heute in bremen : „Ein Gefühl von Wahlfamilie“
Mit einem Konzert in Unser Lieben Frauen feiert der Chor Cantamus 20-jähriges Bestehen
taz: Frau Scherenberger, ist Cantamus ein Therapie-Chor?
Annette Scherenberger, Chorgründerin und Diplom Psychologin: Ach je, ich glaube, das Wort Therapie ist genug strapaziert.
Willi Lemke betont im Grußwort zum Jubiläum, dass Sie „etwas für die physische wie psychische Gesundheit tun“…
Ja, das könnte man als therapeutischen Anspruch bezeichnen. Ich würde eher sagen: Wir singen, um das Wohlbefinden zu steigern. Für uns dient Musik dazu, sich gegenseitig wahrzunehmen, zuzuhören – als Empfindungs- und Schwingungsgemeinschaft.
Schwingungsgemeinschaft?
Na sicher: Wenn Menschen aufeinander hören, tauschen sie Schwingungen aus. Deshalb sagt man ja: Wir liegen auf einer Wellenlänge.
Also ist Cantamus doch ein ganz normaler Chor?
Wenn alle Chöre so wären, würde es mich freuen. Aber traditionelle Chöre sind homogenisiert – das heißt, jeder muss seine Individualität zurücknehmen. Bei uns soll jeder seinen persönlichen Ausdruck zeigen.
Wie hört sich das an?
Das führt dazu, dass es mehr unterschiedliche Klangfarben gibt, als gewohnt. Erfahrenen Chorhörern ist das mitunter auch zu vielschichtig.
So ein Chor-Projekt 20 Jahre am Leben zu erhalten, erfordert viel Engagement. Wie viel Zeit investieren Sie?
Oh, da kann ich nur allgemein sagen: Sehr viel. Cantamus hat einen sehr hohen Stellenwert für meine Familie und mich. Und da sind wir keine Ausnahme: Viele haben ihre Kinder und Freunde mitgebracht, andere ihren Partner im Chor gefunden. Es gibt für die Chormitglieder so ein Gefühl von Wahlfamilie.
FRAGEN: BES
Festkonzert: Sa, 19. 30 Uhr, Unser Lieben Frauen