heute in Bremen: „Nicht durch Facebook“
Diskussion ExpertInnen debattieren über den Einfluss von Social Media in der Politik
29, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg.
taz: Frau Merten, wie sehr beeinflussen soziale Medien die politische Meinungsbildung?
Lisa Merten: Nicht in dem Maße, wie immer angenommen wird. Rund 30 Prozent aller InternetnutzerInnen kommen über soziale Medien mit nachrichtlichen Inhalten in Kontakt und davon nutzen nur sechs Prozent digitale Kanäle als wichtigste Nachtichtenquelle. Entscheidend sind nach wie vor auch andere Medien, sozio-kulturelle Hintergründe und das persönliche Gespräch mit Freundinnen oder der Familie.
Und das in einer Zeit mit groß angelegten Social-Media-Kampagnen. Haben die denn gar keinen Effekt?
Natürlich. Die funktionieren aber eher als Verstärker bereits vorhandener Meinungen und Vorlieben. Und dafür hält das Internet viele Strategien bereit. So können PolitikerInnen relativ schnell auf Kommentare antworten und damit das Gefühl von persönlicher Bezugnahme erzeugen oder suggerieren. Es können auch bestimmte Gruppen viel gezielter angesprochen werden, etwa durch Datenpersonalisierung
Also durch Informationen, die sich als für alle sichtbar tarnen, aber nur von einer klaren Zielgruppe zu lesen sind.
Genau. Ein extremes Beispiel kommt aus dem letzten US-amerikanischen Wahlkampf. Dort hat Donald Trump ein Video über Facebook und Twitter geteilt, worin sich Hillary Clinton anscheinend über AfroamerikanerInnen auslässt. Gesehen haben das aber nicht alle, sondern nur Menschen mit einer dunklen Hautfarbe.
Aber hier wird doch versucht, ein Meinungsbild über soziale Medien zu verändern?
Das stimmt. Diese Strategie hat jedoch nicht das Internet erfunden. Wenn ich mir eine Zeitung kaufe oder eine politische Debatte im Fernsehen ansehe, dann werde ich auch nicht die ganze Informationsvielfalt erfahren, sondern eine gefilterte Auswahl. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich in sozialen Medien oder auf Blogs mit unterschiedlichen Meinungen konfrontiert werde.
Wie etwa die Rechten?
Auch das. Und daran kann auch abgelesen werden, worauf es ankommt. Ob soziale Medien einen übermächtigen Faktor in der Meinungsbildung einnehmen oder nicht, ist individuell unterschiedlich und auch für die Wissenschaft schwer zu beurteilen. Wichtig ist die Kompetenz, gute und reflektierte Inhalte von Fake News zu unterscheiden. Und dieses Wissen muss bereits in den Schulen gelernt werden, nicht durch Facebook. Int.: Florian Schlittgen
Podiumsdiskussion: 18.30, Bremische Bürgerschaft
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