heute in Bremen: „Glücksspieler schützen“
Informationsveranstaltung Im Rahmen der Bremer „Aktionswoche Sucht“ geht es auch um Spielsucht
35, ist Diplom-Psychologe bei der Fachstelle Glücksspielsucht an der Uni Bremen und Mitglied der Arbeitsgruppe Glücksspiel des Präventionsrats Bremen-West.
taz: Was muss bei der Bekämpfung von Glücksspielsucht besser werden?
Tim Brosowski: Aufgrund der unzulänglichen Gesetzeslage ist die Verfügbarkeit von Glücksspiel sehr hoch. Sie muss zumindest dort verringert werden, wo sich gefährdete Personengruppen aufhalten, beispielsweise in Gaststätten oder in der Nähe von Schulen. Außerdem wird der Spielerschutz überhaupt nicht kontrolliert. Anbieter sollen süchtige Spieler erkennen und ausschließen, aber von der Stadt gibt es bisher keine verdeckten Tests. Darüber hinaus fordern wir eine zentrale Selbstsperre, damit Süchtige sich in einem lichten Moment selbst retten können. In Bremen muss man sich in jeder Spielhalle einzeln sperren lassen. Das ist eine sehr hohe Hürde.
Ist die Zahl der Süchtigen in den letzten Jahren gestiegen?
Bisher ist sie relativ konstant. Im Bereich Sportwetten ist aber besonders unter jungen Männern die Teilnahme stark gestiegen. Wir gehen davon aus, dass sich das in den nächsten Jahren an einer höheren Anzahl an süchtigen Spielern zeigen wird. Deswegen fordern wir, das Angebot an Sportwetten sowohl online als auch offline gesetzlich sauber zu regeln. Das ist aber schwierig, weil die Anbieter wer-weiß-wo sitzen.
Welche Regulierung wünschen Sie sich?
Ich finde, im Bereich Glücksspiel, Alkohol und Zigaretten sollte jede Werbung verboten werden. Das ist angesichts der generierten Einnahmen und starken Lobbyarbeit natürlich illusorisch. Ein staatliches Angebot von Onlinecasinos wäre ein guter erster Schritt, um eine Alternative zum privaten, illegalen Bereich zu schaffen. Gegen den legalen Graubereich würde selbst das schlechteste Gesetz schon helfen, wenn es denn auf einer sicheren rechtlichen Basis steht.
Was sind die Ziele der Aktionswoche Sucht?
Es geht vor allem darum, ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen. Gerade bei Schuldirektoren, Lehrern und Sozialarbeitern muss angesetzt werden. Die meisten Süchtigen haben deutlich, bevor sie 18 wurden, angefangen zu spielen. Durch Gewinne entsteht der Glaube, man könne leicht Geld verdienen. Bei vielen Schülern und Eltern wird Glücksspiel gar nicht als Gefahr wahrgenommen. Man kann mit der Prävention also nicht früh genug anfangen.
Interview: Hendrik Gerlach
„Empfehlungen zum Umgang mit Glücksspielsucht“: 10 Uhr, Gesundheitstreffpunkt West, Lindenhofstraße 53;weitere Veranstaltung der „Aktionswoche Sucht“ bis zum 21. Mai; Programm unter: www.lis.bremen.de
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