heute in Bremen: „Eine häufig kopierte Waffe“
MITTELALTER Die Gesellschaft für Vorgeschichte präsentiert ein Hightech-Schwert aus der Weser
60, ist Bezirksarchäologe im Regionalteam Hannover beim Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege.
taz: Herr Wulf, was ist der Unterschied zwischen Archäologie und Archäometrie?
Friedhelm Wulf: Archäologie ist ein Überbegriff für viele verschiedene Teilbereiche. So gibt es neben der Ur- und Frühgeschichte zum Beispiel auch die klassische Archäologie und die Ägyptologie. Hier werden eher geisteswissenschaftliche Methoden zur kulturellen und zeitlichen Einordnung der Funde verwendet. Archäometrie hingegen beschreibt archäologische Untersuchungen mit naturwissenschaftlichen Methoden. Dazu gehören insbesondere Metallanalysen, die – wie im Fall des Ulfberht-Schwerts – sogar auf Ursprung und Herstellungsort schließen lassen.
Was ist ein Ulfberht-Schwert?
Dabei handelt es sich um Schwerter aus dem achten bis zehnten Jahrhundert, auf deren Klinge die Aufschrift „VLFBERHT“ in verschiedenen Variationen eingraviert ist.
Was bedeutet die Aufschrift?
Das ist nach wie vor ein großes Rätsel, auch für Linguisten. Die Silbe „Berth“ deutet auf einen fränkischen Namen hin, „Ulf“ steht für Wolf. Es ist also ein zeittypischer Name. Eine urkundliche Erwähnung des Namens existiert aber nicht. Ob damit ein Schmied gemeint ist, oder ob es sich um eine Marke oder ein Gütesiegel handelt, das kann ich nicht sagen. Der Name steht aber für eine bedeutende Produktionsstätte.
Woher kommen die Schwerter?
Nach aktuellem Wissensstand ist davon auszugehen, dass die Schwerter im fränkischen Reich hergestellt wurden, vermutlich an Bischofssitzen oder Klöstern. Die Klöster in Lorsch und Fulda sind für unser Stück am wahrscheinlichsten.
Was macht ein Ulfberht-Schwert zu einer besonderen Waffe?
Nach heutiger Klassifizierung würde man es als Hightech-Waffe bezeichnen. Es ist sehr leicht und scharf, aber trotzdem widerstandsfähig. Im frühen Mittelalter war es ein Spitzenprodukt und hat seinem Besitzer im Kampf viele Vorteile verschafft. Deswegen wurde es auch häufig kopiert.
… und durfte nicht außerhalb des fränkischen Reichs verkauft werden.
Trotzdem wurden von den europaweit um die 180 Ulfberht-Schwertern viele beispielsweise in skandinavischen Wikingergräbern gefunden. Bei dieser Menge sind die Nachbildungen mitgezählt. Die sind vor allem am den falsch geschriebenen Namen zu erkennen.
Welches Schwert stellen Sie heute Abend vor?
Unser Schwert wurde Ende 2012 bei Baggerarbeiten an der Weser in Großenwieden bei Hessisch-Oldendorf gefunden und stammt aus dem zehnten Jahrhundert. Es ist der erste Fund eines Ulfberhts in Niedersachsen.
Wurden in Bremen schon solche Schwerter gefunden?
Nein, aber im Teufelsmoor bei Osterholz wurde ein ähnliches Schwert gefunden.
Interview: Lukas Thöle
20 Uhr, Haus der Wissenschaft, Kleiner Saal
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen