heute im knast : „Häftlinge sind auch Kinder ihrer Zeit“
Bischof Franz-Josef Bode von Osnabrück besucht die Justizvollzugsanstalt
taz: Herr Bode, Sie kündigen Ihren Besuch mit der Feststellung an, die Inhaftierten dürften „der Kirche nicht egal“ sein. Was bieten Sie ihnen denn an?
Franz-Joseph Bode, Bischof von Osnabrück: Wir nehmen uns viel Zeit, ihnen zuzuhören. Damit helfen wir ihnen, ihr Leben zu deuten, sich auch darüber klar zu werden, was sie ins Gefängnis gebracht hat – und welche Perspektiven sie haben.
Das klingt, als ob der Reue nachgeholfen werden soll…
Das Leben mitzudeuten kann sehr vielfältig sein. Es geht dabei auch um die Frage nach dem Sinn des Lebens.
Kommen Sie damit heutzutage noch bei den Gefangenen an?
Häftlinge sind auch Kinder ihrer Zeit. Manche kommen zum ersten Mal in ihrem Leben in Kontakt mit Kirche und Glauben und haben da so ihre Probleme. Insgesamt ist es aber nicht weniger als früher.
Steigt die Bereitschaft sich auf Seelsorge einzulassen mit dem Strafmaß?
Das hängt manchmal zusammen. Seelsorge ist natürlich auch eine Unterbrechung des Gefängnisalltags.
Inhaftierte, auch Abschiebehäftlinge, töten sich in Deutschland bis zu zwölfmal häufiger als Menschen in Freiheit. So einen Fall gab es erst kürzlich in Oslebshausen. Wie geht die Kirche damit um?
Abschiebehaft ist ein besonderes Problem. Aber natürlich stellt sich für uns die Frage, wie wir mit diesen Menschen umgehen…
Gemeint war: wie gehen Sie mit Institutionen um, die diese Verzweiflung hervorrufen?
Die Kirche ist immer um angemessene Haftbedingungen bemüht. Im Fall Bremens hat man mir versichert, dass Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden. Die Lage dort verspricht, wesentlich besser zu werden.
Glauben Sie, dass dies Häftlingen hilft, ihren Lebensmut zurückzugewinnen?
Man kann die Ursachen für solche Selbstmorde nicht monokausal in den Haftbedingungen suchen. Es bleibt immer eine Frage des Einzelfalls. INTERVIEW: CJA