herzensort: Ein Stall für meinen Esel
Der Weg ist nicht das Ziel. Das Büro ist das Ziel. Der Weg dorthin ist beschwerlich, vor allem im Winter, wenn einem auf dem Rad der Gegenwind die Tränen in die Augen treibt. Tränen, die sich mit den Tropfen des Regens vermischen und auf den geröteten Wangen brennen. Und alles ist so bitterkalt. Die Zehen sind taub vor lauter Socken in zu engen Schuhen. Die Fingerspitzen kribbeln und sind mal rot, mal weiß, wie Flatterband, das vor dem Kältetod warnt.
Aber dann kommt die letzte Biegung, noch einmal um die Kurve heizen, im Stand in die Pedalen treten, im Fahrtwind vom Sattel schwingen und mit steifen Händen die Schlüsselkarte aus der Tasche nesteln. Hinter der Tür ein erstes Behagen. Kein Wind mehr und kein Regen. Dafür Wärme. Weiter in den Fahrstuhl, Untergeschoss, einmal um die Ecke, die Tür schwingt auf, das Rad voran, schiebt sich durch, wie ein hungriger Esel, der zum Trog drängt.
Mein Esel und ich wir sind angekommen, im heimeligen Stall, ein großer Raum, grauer Beton, kaltfahles Licht, der taz-Fahrradkeller. Kein Ort zum Verweilen, ein Ort zum Ankommen. Der Weg ist nicht das Ziel. Der Stall ist das Ziel. Nora Belghaus
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