piwik no script img

herzensortEin Stall für meinen Esel

Der Weg ist nicht das Ziel. Das Büro ist das Ziel. Der Weg dorthin ist beschwerlich, vor allem im Winter, wenn einem auf dem Rad der Gegenwind die Tränen in die Augen treibt. Tränen, die sich mit den Tropfen des Regens vermischen und auf den geröteten Wangen brennen. Und alles ist so bitterkalt. Die Zehen sind taub vor lauter Socken in zu engen Schuhen. Die Fingerspitzen kribbeln und sind mal rot, mal weiß, wie Flatterband, das vor dem Kältetod warnt.

Aber dann kommt die letzte Biegung, noch einmal um die Kurve heizen, im Stand in die Pedalen treten, im Fahrtwind vom Sattel schwingen und mit steifen Händen die Schlüsselkarte aus der Tasche nesteln. Hinter der Tür ein erstes Behagen. Kein Wind mehr und kein Regen. Dafür Wärme. Weiter in den Fahrstuhl, Untergeschoss, einmal um die Ecke, die Tür schwingt auf, das Rad voran, schiebt sich durch, wie ein hungriger Esel, der zum Trog drängt.

Mein Esel und ich wir sind angekommen, im heimeligen Stall, ein großer Raum, grauer Beton, kaltfahles Licht, der taz-Fahrradkeller. Kein Ort zum Verweilen, ein Ort zum Ankommen. Der Weg ist nicht das Ziel. Der Stall ist das Ziel. Nora Belghaus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen