herzensort: Komplette Passivität
Wenn das Leben mal wieder hart ist, sind es die Muskeln irgendwann auch. Und spätestens, wenn die Anspannung zielgerichtet Richtung Wirbelsäule kriecht, wird es Zeit loszulassen.
Auf der Massageliege ist plötzlich möglich, was im echten Leben selten klappt: komplette Passivität. Ohne nebenher irgendwas zu gucken, zu lesen, zu hören. Selbst die Gedanken kreiseln in einem immer kleiner werdenden Radius, bis sie schließlich durch das Loch im Kopfteil der Liege tropfen, direkt hinein in die Schale mit den Blüten. Gut, vielleicht ist es auch Schnodder, weil sich in den letzten 20 Minuten diverse Körperflüssigkeiten im zusammengequetschten Gesicht gesammelt haben, aber egal: Alles muss raus, ob Rotz, Tränen oder die Bilder aus dem Kopfkino.
Zur Katharsis gehören die Hände, die über die Flanken streichen wie ein lauer Windhauch im Sommer. Das warme Öl, das die Haut umschmeichelt wie kleine Wellen den Mittelmeerstrand. Und die Hintergrundmusik, die allerdings niemals nie die Akustikversion eines bekannten Popsongs sein darf. In diesem Fall hilft nur ein neuer Termin – in einem anderen Studio. Franziska Seyboldt
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