herzensort: Er hält mich einfach
Manchmal, wenn alles ein bisschen viel ist, lege ich mich auf den Küchenfußboden. Dann starre ich gegen die Decke und denke an nichts. Sonst schaffe ich das nicht, aber der Boden kennt meine Pausetaste.
Schon als Kind habe ich mich auf den Küchenfußboden geworfen, aus Wut, aus Trotz, vielleicht aus Langeweile. Auf den kühlen Fliesen habe ich meinem Vater beim Kartoffelbreistampfen oder Abspülen zugeschaut und mich beruhigt.
Der schmuddelgraue PVC-Boden in meiner heutigen Küche ist zwar weniger kalt, aber die Wirkung bleibt die gleiche. Der Boden fragt nicht, er hält mich einfach. Vorm Fenster ziehen die Wolken vorbei, wahrscheinlich sprintet unten gerade jemand zum Bus. Die Blumenverkäuferin im Nachbarhaus wässert womöglich die Tulpen, die es jetzt wieder gibt. All das passiert und ich liege da, bis meine Gedanken zurückkehren.
Ich drehe meinen Kopf nach rechts, meine Wirbelsäule knackt. Und nach links, unterm Schrank liegt eine Zwiebel. Vielleicht wollte sie auch kurz „Pause“ drücken.
Sophie Fichtner
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