herbert grönemeyer : Entsetzter Edelfan
Es war ein unverhoffter Zahltag für den Tabellenletzten. Ein ausverkauftes Ruhrstadion gegen Werder Bremen hat es in der 31-jährigen Bundesligageschichte des VfL Bochum erst einmal gegeben. Kein Wunder: Viel zu holen in den Duellen gab es für die Bochumer nie. Ein anderes Ereignis zog da mehr: Herbert Grönemeyer, scheuer Edelfan des Bundesligisten, hatte sich angekündigt. Gemeinsam mit den Fans des VfL wollte er die Mannschaftsaufstellung zelebrieren und anschließend der Anhängerschar beim Singen seiner urbanen Hymne „Bochum“ zuhören.
„Machst mit dem Doppelpass jeden Gegner nass, du und dein VfL“, wurde in einer Lautstärke gesungen, die die Fans während der folgenden 90 Minuten nicht mehr erreichen sollten. Später wurde Grönemeyer in Anlehnung an die alte Postleitzahl und an den Titel seiner Bochum-LP zum VfL-Mitglied Nummer 4630 ernannt.
Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, was folgen würde. „Der VfL gewinnt 2:1“, gab Grönemeyer seinen Tipp ab. Am Ende stand die höchste Heimniederlage der Bochumer Bundesligahistorie: Null zu Sechs. „Ich hätte den Mitgliedsantrag auch nach dem Spiel unterschrieben“, versicherte der Pop-Star. Vor acht Jahren sei er zum letzten Mal im Stadion gewesen – inkognito. Damals spielte der Verein unter Trainer Klaus Toppmöller einen schönen, wenn auch nicht immer erfolgreichen Offensivfußball. Klar, dass Grönemeyer über den aktuellen Zustand des Teams entsetzt war: „Ich hatte den Eindruck, dass die Mannschaft überhaupt nicht gefightet hat“, sagte er.
Ihm tue es total Leid, sagte Kapitän Thomas Zdebel – für die Mannschaft, die Fans, für alle Beteiligten. „Aber was soll ich sagen? Mir kauft heute doch keiner mehr etwas ab.“ Recht hatte er. Die Fans reagierten apathisch. Selbst die Rufe nach der Ablösung von Trainer Marcel Koller hielten sich in Grenzen.
„Geplättet, traurig und enttäuscht“ verließ Herbert Grönemeyer das Ruhrstadion. Aus den Boxen schallte erneut „Bochum“. Diesmal wollte keiner mitsingen. Vielleicht hätte der Stadion-DJ einfach auf den Grönemeyer-Song „Alkohol“ umswitchen sollen. HOLGER PAULER