piwik no script img

Archiv-Artikel

hauptschulen Politiker kennen ihr 1 x 1 nicht

Ein Drittel aller HauptschülerInnen in Berlin verlässt laut Statistik die Schule ohne Abschluss. Das ist ein Skandal. Umso mehr, als die Schulverwaltung um die Zahlen weiß, den Ernst der Lage jedoch ignoriert. Auch das neue Schulgesetz wird an den Hauptschulen vorbeigeplant. Es verlangt von den SchülerInnen der Sekundarstufe ein größeres Lernpensum, damit sie das Abitur bereits nach 12 Jahren schaffen. Deshalb wird das Lehrpersonal aufgestockt – nicht aber an den Hauptschulen.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

Bekannt ist, dass ein Hauptschulabschluss auf dem knappen Lehrstellenmarkt kaum etwas wert ist, zumal auch besser Gebildete um Ausbildungsplätze konkurrieren. Getan hat sich von politischer Seite wenig. Wer will es den Jugendlichen an Hauptschulen da verdenken, dass die Null-Bock-No-Future-Haltung ihrem realen Lebensgefühl entspricht? In Berlin wird formal am Hauptschulzweig festgehalten, inhaltlich aber wird er von den Politikern abmoderiert. Er ist für jene SchülerInnen, die es ohnehin nicht weiter bringen, so der Tenor. Arroganter geht’s kaum. Dahinter steckt die Idee, dass die SchülerInnen selbst ihren Wissensstand zu verantworten hätten und nicht Pädagogik und Politik. Niemand wird den SchülerInnen Mitverantwortung für ihre Leistungen absprechen, aber kein Politiker kann die Augen verschließen vor den Fakten, die mindere Schulleistungen bedingen: schlechte soziale Stellung, Arbeitslosigkeit, geringe Schulbildung der Eltern, Migrantenhintergrund. Bedingungen, die es in Berlin in den sozial schwachen Innenstadtbezirken zuhauf gibt und denen – so der Eindruck – die Berliner Politik machtlos gegenübersteht. Integrationspolitik? Fehlanzeige. Arbeitsplatzpolitik? Fehlanzeige. Es gibt Gegenden im Wedding, wo mehr als 40 Prozent der männlichen Jugendlichen die Schule ohne Abschluss verlassen. Böger & Co. entlässt sie in ihre halbgebildete Zukunftslosigkeit. Für ihn kein Problem, da der Beitrag der jungen Sozialhilfeempfänger von heute ja erst morgen in der Steuerkasse fehlt.