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Archiv-Artikel

hamburg heute Sein Leben

Marcel Reich-Ranicki spricht über seine Autobiographie. Vermutlich so kurzweilig wie immer

Von PS

Er hat einmal gesagt, er werde vor laufender Kamera auf die Knie fallen, falls endlich jemand den großen deutschen Roman des 21. Jahrhunderts schriebe. Im Literarischen Quartett, vor vielen Jahren, war das. Er sagte es ohne zu lachen, und man hat es ihm geglaubt. Denn an Klamauk hat es Marcel Reich-Ranicki, der jetzt in Hamburg zum aberhundertsten Mal aus seiner Autobiographie „Mein Leben“ liest, nie fehlen lassen. Da braucht Volker Hage, Spiegel-Literaturredakteur und Gesprächspartner an diesem Abend, eigentlich bloß Stichworte zu geben.

Doch abgesehen vom unbestrittenen Unterhaltungswert der Ranicki’schen Einlassungen ist seine Komik natürlich nur eine Facette. Denn letztlich ist Witz für den Ex-FAZ-Literaturchef, der knapp das Warschauer Getto überlebte, immer auch Galgenhumor. Eine Maske, hinter der er sich versteckt, um der nie gelösten Frage zu entkommen, die auch seine Autobiographie durchzieht: Warum er die Nazi-Zeit überlebte und der Rest seiner Familie in Treblinka vergast wurde.

So sehr man seiner Allüren, seines Genörgels, seiner Selbstgerechtigkeiten also inzwischen müde sein mag: Eine große Portion Respekt bleibt immer – ohne, dass man in dumpfe Ehrfurcht verfiele. Aber das will er auch gar nicht. Er will sich streiten. Er will polemisieren, er will verreißen. Er wird es tun. PS

19 Uhr, Körber Forum, Kehrwieder 12