geschenkt: Keine Weihnachtslieder
Ukrainische Romanzen
Es gibt zu wenig Musik im Leben. Zwar haben alle Menschen Radio, und auch im Supermarkt laufen Lieder zum Einkaufen, doch das sind leblose Klänge vom Band. Echte singende Menschen fehlen dagegen zu Hause und am Arbeitsplatz. Konzertbesuche sind keine Alternative dar. Bei Rockveranstaltungen bekommt man vom Stehen Rückenschmerzen, und auf die Oper hat nicht jeder Lust. Dabei würde man gerne auch im Alltag bisweilen von einer angenehmen Melodie überrascht.
Das ist nicht unmöglich. Nette Nachbarn und Kollegen könnten einem zu Weihnachten eine Einmannkapelle schenken. Es gibt in dieser Branche gute Angebote. Einen Tag lang Sergej Fissjunow mieten kostet zum Beispiel hundert Mark. Sergej Fissjunow singt ukrainische Romanzen zu seiner elektrischen Yamaha-Orgel. Das klingt bei privaten Anlässen genauso schön wie auf Betriebsfeiern. Fissjunow steht indes meistens im Fußgängertunnel am Alexanderplatz.
An diesem Standort nimmt Sergej Fissjunow auch Buchungen entgegen. Er hat in Berlin kein Telefon. Interessenten müssen ihn persönlich aufsuchen. Ein Ausflug in die Alex-Unterführung bringt jedoch Erholung vom Weihnachtsmarkt oben drüber. Denn Weihnachtsmusik hat Sergej Fissjunow erfreulicherweise nicht im Programm. Am 24. Dezember läuft sein Visum ab. Fissjunow fährt dann zu seiner Familie in die Ukraine. Im Frühling ist er jedoch wieder da, sagt er. Aufträge könne man ihm jetzt schon geben. KIRSTEN KÜPPERS
Sergej Fissjunow spielt täglich zwischen 13 und 18.20 Uhr in der Unterführung an der Karl-Liebknecht-Straße Ecke Alexanderplatz.
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