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gelbe westeAndreas Rüttenauer Warum diese WM partout nicht zum Einschlafen taugt

Im eigenen Bett schläft es sich doch am besten. Ich hatte es mir gemütlich gemacht am Mittwochabend und wollte mir das Halbfinale zwischen den Niederlanden und Schweden im Bett liegend anschauen. Ich bin dann bald wieder aufgestanden und habe mich auf den unbequemsten Stuhl in meiner Wohnung gesetzt, um nicht allzu viel zu verpassen von diesem Spiel. Es hätte ja sein können, dass doch irgendwann noch irgendwas passiert in dieser Partie. Nicht einmal Bernd Schmelzer, der nimmermüde PR-Botschafter des Frauenfußballs in Diensten der ARD, hat es geschafft, dem Spiel etwas Positives abzugewinnen. Es lag also gewiss nicht allein am gewohnten heimischen Bett, dass meine Augenlider an diesem Abend so schwer wurden.

Wäre ich woanders auch eingeschlafen bei diesem Spiel? Ich denke an das Bett meiner ersten Unterkunft in Paris zurück. Darin konnte ich überhaupt nicht schlafen. Die Geräusche der Plastiktüte, in der die Matratze eingeschlagen war, sind einfach zu laut gewesen. Ich finde es grundsätzlich hochanständig, wenn Vermieter ihre Wohnung auch Bettnässern zur Verfügung stellen. Nur bin ich eben keiner. Außerdem war auch sonst zu viel los in der Wohnung. Ich hatte etliche Mitbewohner. Es waren mindestens zwei. Eine dieser Ratten, die unweit des Kühlschranks immer wieder aus einem Loch in der Wand geschlüpft sind, hatte eine eitrige Wunde über ihrem rechten Hinterbein, die andere nicht. Die Tierchen und meine Angst vor ihnen hätten mich gewiss selbst bei diesem Halbfinale wach gehalten.

Es hat mir auch deshalb in dieser Pariser Wohnung nicht besonders gut gefallen, weil im und um den Kühlschrank herum so viele Lebensmittel standen, die man schon lange nicht mehr essen konnte. Ich habe die Unterkunft dann gewechselt. In meiner neuen Wohnung hatte ich keine Mitbewohner, glaube ich jedenfalls. Und nachdem ich das Lattenrost des Betts, das gleich in der ersten Nacht auseinandergebrochen war, mit Klebeband repariert hatte, konnte ich relativ gut schlafen.

Besser jedenfalls als in meinem Hotelzimmer in Le Havre, das so klein war, dass ich mich nicht darin habe umdrehen können, ohne mir kleine Kratzer zuzuziehen. Den Fernseher, der über dem Schrank an die Wand geschraubt war, konnte ich nur in einer Körperhaltung sehen, die wohl niemand als natürlich bezeichnen würde. So kann man nicht einschlafen, da kann der Kick noch so ermüdend sein.

In Rennes war an Schlafen auch nicht zu denken. Ich hatte Kopfschmerzen. Mein Zimmer war nur durch einen niedrigen Kellergang zu erreichen. Ein paar Beulen gehören zu den Mitbringseln, die ich von der Frauen-WM nach Hause getragen habe.

Am Morgen nach dem Halbfinale habe ich mir nun noch einmal die Szenen angesehen, die ich am Vortag verschlafen habe. Kaffee hat mir dabei geholfen.

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