g-8-gipfel : Vollmundig und folgenlos
Jedes Jahr im Juni geht für drei Tage eine alte Utopie in Erfüllung. Die wichtigsten Herrscher der Welt verschwinden alle auf einmal auf eine kleine Insel oder hinter mächtige Berge, verschanzen sich mittels gigantischer Sicherheitsmaßnahmen und sind einfach nicht mehr da. Ursprünglich sollten die Gipfeltreffen der sieben wichtigsten Industrienationen (G 7), inzwischen durch Einbeziehung Russlands auf G 8 erweitert, wirklich ganz intim und vertraulich bleiben, ohne Medienrummel und Abschlusserklärungen.
KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON
Wie schön wäre auch der diesjährige Gipfel in Sea Island an der US-Atlantikküste, wenn drei Tage lang von George Bush und Tony Blair, Jacques Chirac und Gerhard Schröder, Wladimir Putin und den Kollegen aus Italien, Japan und Kanada nichts mehr zu sehen oder zu hören wäre. Leider bleibt das eine Utopie. Einen Sinn haben die Weltwirtschaftsgipfel schon lange nicht mehr. Niemand braucht die dort verabschiedeten vollmundigen und folgenlosen Kommuniqués.
Wäre es tatsächlich ein Treffen der sieben größten Volkswirtschaften der Welt, müsste die Teilnehmerliste so aussehen: USA, China, Japan, Indien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Wäre es tatsächlich ein Treffen zur Behandlung der größten weltpolitischen Probleme, müssten die jeweils wechselnden Länder vertreten sein, in denen es die größten weltpolitischen Probleme gibt oder die darauf den größten Einfluss haben. Ein Gipfel zwischen den USA, Israel, Irak, Afghanistan, Großbritannien, Nordkorea und einem afrikanischen Krisenland plus einer kontinentaleuropäischen Regierung hätte Charme.
Die Idee ist nicht neu. Seit drei Jahren werden die wichtigsten Präsidenten Afrikas schon zu den Gipfeln geladen, dieses Jahr auch die wichtigsten des Nahen Ostens. Doch die Afrikaner wundern sich schon, wieso sie jedes Jahr mit identischen Versprechen nach Hause gehen. Die Araber kommen gar nicht erst.
Nein, es gibt nur eine Lösung: Alle Kameras und Journalisten bleiben weg. Der Gipfel findet statt. Und wenn sich Bush und die anderen endlich auf die Zukunft des Irak geeinigt haben und eine reformierte UNO, auf ein faires Welthandelssystem und einen funktionierenden Klimaschutz, auf einen globalen Schuldenerlass und ein Ende der Waffenexporte in Konfliktgebiete, dann dürfen sie wieder nach Hause und ins Fernsehen. Dann wollen wir sie auch wieder sehen und hören. Vorher nicht.
umwelt und wirtschacht SEITE 8