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Archiv-Artikel

fußpflege unter der grasnarbe Jacko statt Lotto

Ist es wirklich wahr, was die Bildzeitung am Freitag im Sportteil auf Seite 26 verkündete? Wird der DFB den King of Pop wieder ins normale Leben zurückführen? Ein Schwarzweiß-Foto zeigt einen Mann mit schlecht sitzender Baseballkappe und dicker Goldkette. „Jackson Vater Joe (76) verhandelte eine Stunde beim DFB“, ist das Bild betitelt. Dazu die Überschrift: „Singt Michael Jackson bei unserer WM?“

Die ist bekanntlich 2006, und Michael Jackson dann womöglich schon hinter Gittern – sofern das Gericht in Kalifornien in den kommenden Monaten entscheidet, dass der Popkönig kleine Kinder lieber gehabt hat als es das Gesetz erlaubt. Diese kleine Unwägbarkeit lässt den DFB offenbar noch zaudern. Dessen Direktor Bernd Pfaff bestätigte dem Sportinformationsdienst erst: „Sein Vater war hier, um ihn zu vermarkten. Ich könnte mir vorstellen, dass es eine Art Wiedergeburt wird, wenn sich die Sache mit dem Prozess gelegt hat.“ In einer Pressemitteilung äußerte Pfaff sich dann plötzlich anders: „Es gibt keine Verhandlungen.“

Wiedergeburt hin oder her: Das Gezerre um Michael Jackson ist nur die Spitze eines viel größeren Skandals. Der DFB war in den vergangenen Jahren so sehr mit sich selbst beschäftigt, angefangen bei der Suche nach dem richtigen Teamchef bis hin zur Hoyzerei, dass er eines völlig vernachlässigt hat: die Musikkultur in deutschen Stadien.

Lieber DFB! Die taz hat dich im Januar schon einmal auf das Problem aufmerksam gemacht. Kannst du in Sachen Beschallung nicht endlich mal ein Machtwort sprechen? Und uns schützen vor Stimmen wie der von Karl, dem King of Lotto? Man muss sich als Fußballfan in der AOL Arena doch nicht jedes Mal mit Textzeilen wie diesen quälen lassen: „Du sagst: Mein Atem rasselt am Morgen

Und mein Auto is' nun auch verreckt!

Doch vielleicht machst Du Dir zu viele Sorgen,

Das Leben hält noch einen Joker versteckt:

Denn es könnt' alles schlimmer werden,

Und das eine sag ich Dir,

Es wär alles noch viel schlimmer, ohne Fußball und Dosenbier.“

Sind derartige Gesänge das passende Aushängeschild für eine Nation, die ihre WM mit dem Slogan bewirbt: „Die Welt zu Gast bei Freunden“? Gib den Schlagerbarden einen Platz auf der Auswechselbank und schick echte Weltstars auf den Rasen. So einen wie den King of Pop.

Lieber MV, du großer Präsident, mach das mal zur Chefsache! Setz dich zusammen mit Vater Jackson. Trinkt ein Bier, das tust du doch gern, und regelt das – von altem Mann zu altem Mann, von Rolex zu Goldkettchen. Und er wird dir erklären, dass sein Sohn unschuldig ist. Gib Jacko eine Chance. Du kannst am ehesten nachfühlen, wie es ihm geht; du weißt, wie es ist, wenn einen keiner mehr mag. Und dir tut das auch gut: Stellt dir mal vor, 2006, du und Michael, Arm in Arm im Stadion. Du wärst der Held. MV rettet MJ, und MJ rettet MV. Ach, wenn wir das noch erleben dürften!

Fotohinweis: Wenn Christina Stefanescu nicht einmal die Woche ein Handballspiel besuchen kann, beginnt sie schon von Michael Jackson und Mayer-Vorfelder zu träumen. Wir hoffen, dass ihr Freund damit klarkommt und sie aus diesem Alptraum reißen kann.