feinstaub-klage : Wichtige Debatte, leider abgewürgt
Drei Anwohner verklagen das Land wegen dreckiger Luft, das Gericht schmettert den Eilantrag als „unbegründet“ ab. Richtig ist, dass der Senat mit schnellen Straßensperrungen oder Fahrverboten kaum etwas an der Feinstaubbelastung ändern kann. Der Richterspruch hat also eine gewisse Logik – dennoch ist er ein Armutszeugnis.
KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE
Der Widerspruch klärt sich, schaut man sich das Bürgeranliegen genauer an. Die Anwohner fordern lokale Fahrverbote für Autos ohne Dieselfilter. Deren Sinn bezweifeln selbst Umweltschützer, weil die Staubschleudern dann nur Umwege fahren. Außerdem wollen die AnwohnerInnen aber noch etwas anderes: die schnelle Sperrung der Innenstadt für Dieselwagen ohne Rußfilter. Ähnliches plant der Senat im Luftreinhalteplan, allerdings erst ab 2010.
Nun ist es so, dass die Landesregierung EU-Recht bricht, das den BürgerInnen seit Januar saubere Luft verspricht. Sie tut dies mit Vorsatz, denn Exstadtentwicklungssenator Strieder hat den Staub lässig ignoriert, obwohl Berlin über Jahre die jetzt gültigen Grenzwerte knackte. Der rot-rote Luftreinhalteplan kam also zu spät. Zu spät kommt auch der Senatsversuch, Dieselstinker zu bannen, argumentieren die BürgerInnen. Und Verkehrsabgase sind die einzige Schraube, an der das Land beim Feinstaubmix noch drehen kann. Der Plan nimmt bewusst in Kauf, dass der Verkehr in den kommenden Jahren so fließt wie immer. Der Senat lehnt eine frühere Umweltzone ab, weil eine Plakette für Dieselstinker und ein Straßenschild fehlen. Warum muss dies Bedingung sein? Ein Armutszeugnis für die Richter ist, dass sie eine Debatte darüber erst mal abgewürgt haben. Aber das zweite, wichtigere Verfahren läuft ja noch.
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