feindliche übernahme : Die Schlacht um Schering
Schlimmer geht’s immer. So banal dies klingt, so ernst ist es um wichtige Berliner Unternehmen bestellt: Erst machte der koreanische Elektronik-Konzern Samsung sein Schöneweider Bildröhrenwerk dicht, dann kündigte der italienische Fiat-Konzern die Schließung des Spandauer Baumaschinenwerkes CNH an, das die Belegschaft derzeit bestreikt. Und jetzt das: Der Darmstädter Pharmakonzern Merck will Schering, das einzige Berliner DAX-Unternehmen, übernehmen. Und zwar feindlich.
KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER
Für Berlin bedeutet das wenig Gutes – um das zu verstehen, muss man kein Börsenanalyst sein. Gelingt der milliardenschwere Coup, haben fortan die Herren aus Darmstadt das Sagen in dem florierenden Berliner Unternehmen. Was ihnen lukrativ erscheint und in die Strategie passt, dürften sie behalten. Der Rest würde vermutlich verkauft, schon um die hohen Kosten der Übernahme wieder reinzukriegen.
In diesem Szenario bliebe für Schering nur eines: die Zerschlagung. Berlin verlöre nicht nur weitere Jobs, einen wichtigen Steuerzahler und Anker für die Gesundheitsbranche – auch das Image der Hauptstadt als Industriestandort würde einen schweren Schlag bekommen. Schließlich ist Schering eines der wenigen Unternehmen, die an der Spree seit Jahren kräftige Gewinne produzieren, weil etwa die Schering-Verhütungspille Yasmin in den USA äußerst erfolgreich ist.
Über die Merck-Attacke zu jammern, wird den Berlinern allerdings wenig helfen – Unternehmensübernahmen, auch feindliche, gehören zur Marktwirtschaft wie das Geld zum Portemonnaie. Was bleibt, ist nur: Die Aktionäre, vor allem die institutionellen, müssen davon überzeugt werden, dass die Schering-Aktien langfristig mehr Rendite bringen als das Annehmen der einmaligen Offerte aus Darmstadt. Die Schlacht um Schering hat gerade erst begonnen.