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fa und fantifa von WIGLAF DROSTE

In Wien demonstrierten 120 Nazis gegen die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht. „Großvater, wir danken Dir!“, stand auf einem ihrer Transparente. Das sagt alles über die, die es trugen. Davon träumen sie: morden und exekutieren und die Sadistensau rauslassen dürfen, gedeckt durch Befehl, und hinterher unschuldig sein. Eine zweite Parole ließ ebenfalls nichts zu wünschen übrig: „Sie waren die besten Soldaten der Welt.“ Nazis bezeichnen Wehrmachtssoldaten als Weltmordmeister? Hut ab! Da möchte ich ausnahmsweise nicht widersprechen.

Fa ist ekelhaft, Antifa ist ermüdend. Wenn feministische Antifa sich in vollem Ernst „Fantifa“ nennt, wird die Luft dünn: Fantifa, der kleine Elefant, trompetet die bösen fleischfressenden Nazimänner in die Flucht und lernt in den Pozellanläden der Welt viele andere Elefantinnen kennen …

Unterstützung erhielten die Fantifaschisten in Wien von Iris Berben, die im „Ronacher“ aus den Tagebüchern von Anne Frank und Joseph Goebbels las. „Was Opfer und Täter verbindet? Beide haben Tagebuch geführt“, hieß es treffsicher in der Ankündigung. Frau Berben trat nicht zum ersten Mal als Expertin an. In ihrem Fotobuch „Älter werde ich später – Das Geheimnis, schön und sinnlich, fit und entspannt zu sein“ posiert sie viel mit offenem Munde. Warum? Mit offenem Mund sieht man nicht besonders intelligent aus. Das macht aber dem Zielpublikum nichts, denn das erfährt auf diesem Wege die wichtige Botschaft: Iris nimmt ihn in den Mund. Das ist ja alles gut und schön, aber muss man es so überdeutlich zeigen? Dass man sich im Zweifelsfall auf das Versprechen der Fellatio verlässt? Millionen deutscher Männer halten das für eine auf- und anregende Nachricht, so groß ist die Not in der Welt.

Das männliche Pendant zu Iris Berben fand sich im „Motto“, einer Bar in der Schönbrunner Straße. Es war klein, trug ein Hemd, dessen Muster an eine bayerische Wirtshaustischdecke erinnerte, um den Hals hatte er sich einen bavariablauen Schlips gezurrt, dessen Knoten von einem notorischen Siegergrinsen gekrönt wurde. Richtig: Es war Lothar Matthäus, der in Wien gerade Rapid Richtung Untergang trainiert. Er stand am Tresen und prüfte das Damenangebot: drei kosmetisch hochaggressiv aufgerüstete Frisierschüsseln, in deren Gesichtern die Wesenszüge Kaltherzigkeit, Habgier und Kopfleere um Vorherrschaft rangen – also genau das, was gut zu Lothar Matthäus passt. Uneinsichtig aber beklagt er sich stets beim Boulevard, die Frauen wollten ja „nur sein Geld“. Ja was denn sonst? Seinen Esprit? Seine, wie der Franke es ausspricht, „Erroodik“?

Als ich diese Fragen an die verehrte Gisela Güzel weiterleitete, kiekste sie entsetzt auf. „Iiiieh! Lothar Matthäus! Nicht mal mit Kissen!“ Ob ich das zitieren dürfe, fragte ich, denn journalistische Sorgfalt ist mein zweites Ich. „Darfst du – aber nur, wenn du sagst, dass Kissen ein Plural ist: zwei – eins oben, eins unten.“ Sexismus, trillerten mir allerlei Fantifas einst in die Ohren, sei, wie auch Fleischverzehr, Faschismus. Ob das auch für avancierten weiblichen Sexismus gilt?

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