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Archiv-Artikel

eu-agrarreform Nun entscheiden die Verbraucher

Was lange währt, wird halbwegs gut: So auch die Einigung der EU-Agrarminister zur Reform der Landwirtschaftspolitik. Zwar ist der Vorschlag von EU-Kommissar Franz Fischler gefleddert worden – letztlich blieb aber mehr von ihm übrig, als sich seine Kritiker gewünscht haben. Entkopplung und Modulation – diese beiden Wortungetüme bezeichnen den wesentlichen Fortschritt, den der Kompromiss für die europäische Agrarpolitik bedeutet. Es werden Gelder umgeschichtet, weg von der Subvention konkreter Produktion, hin zu Pflege und Erhalt des ländlichen Raumes.

Kommentar von HEIKE HOLDINGHAUSEN

Die Umverteilung geht zwar nicht weit genug, doch mehr war im Augenblick nicht zu holen. Die deutsche Landwirtschaftsministerin Renate Künast hat den Verhandlungsspielraum, den ihr Kanzler Schröder und dessen französischer Kollege Chirac gelassen haben, mehr als ausgeschöpft.

Richtig schwierig wird es für Künast aber jetzt erst. Der Kompromiss der Agrarminister überlässt es nämlich den Mitgliedsstaaten zu einem gut Teil, wie sie die groben Vorgaben aus Brüssel umsetzen. Das birgt zwar Chancen – etwa ökologischen Landbau national stärker zu fördern, als dies europäisch durchsetzbar wäre. Aber die Gefahren sind größer, denn die Nationalstaaten können nun gegeneinander ausgespielt werden.

Welcher Bauer in welchem Land wie viel für seine Kuh bekommt – darauf wird der Deutsche Bauernverband genau achten. Mit diesem unseligen Teil der Agrarlobby wird es Renate Künast bei der Ausgestaltung des Regelwerkes zu tun bekommen. Seine Unfähigkeit, konstruktiv an der Reform mitzuwirken, hat der mächtige Verband sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene ja gerade eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Bis zuletzt hat er seinen ganzen Einfluss geltend gemacht, um eine Neuordnung der EU-Agrarpolitik zu verhindern – um nun die künftige Uneinheitlichkeit in der europäischen Landwirtschaft zu beklagen.

Der europäische Kompromiss ermöglicht es Künast, die Agrarwende im Land voranzutreiben. Sie kann nun etwa eine mögliche Prämie für Grünland, also Wiesen und Weideflächen, schnell einführen. Ob sich die grüne Ministerin aber gegen die innerdeutschen Widerstände aus Bauernverband und Agrarindustrie durchsetzt, hängt nicht zuletzt an der Unterstützung der Verbraucher. Wenn sie nicht bereit sind, für gute Lebensmittel auch angemessene Preise zu zahlen, ändert sich nichts.