eject: STEFFEN GRIMBERG über Liebe in Zeiten der Werbekrise

1. Korinther 13, 13

Es ist ein Kreuz mit der Krise. Keiner wirbt. Nirgends. Schon mal die Berliner Zeitung in diesen Zeiten wochentags durchgeblättert? Das ist beinahe taz-Niveau. Da kommen einem die Tränen.

Unlängst berichtete das Blatt nun über einen Leidensgenossen, einen „Werbefuzzi“, der auch Opfer der Krise ward und seinen Kummer jetzt in großformatigen Ölbildern ersäuft. So groß, dass sie dereinst, wenn er sein mietfreies Atelier räumen muss, nicht durch die Tür passen. Womit wir bei der VW-Beilage wären. Denn die VW-Beilage ist groß und farbig und voller Poesie. Plötzlich und ganz unerwartet zur Internationalen Automobil-Ausstellung brachen 24 Seiten über so manches dürstende Presseorgan herein. Und in Zeiten der Not besinnt sich auch die Werbung auf das Ewige und Einzige, das bleibt. „Aus Liebe zum Automobil“ hieß die Strukturhilfemaßnahme aus Wolfsburg, die in den vergangenen zwei Wochen aus FAZ, Focus und Co. flatterte. Das ist schön und schlicht zugleich. Fast so schön und zugleich schlicht wie „McDonald’s – Ich liebe es“, der zweite große Beweis für die neue Zeit der liebevollen Werbung.

Zumal die offenbar TÜV-geprüfte Lyrik zur Lobpreisung des Volkswagens ihre Schwächen hat: „Deine Stärke ist mein Halt / Dein Halt ist meine Kraft / Deine Kraft ist mein Antrieb / Dein Antrieb ist meine Zuversicht …“ usw. usf., besingt Diego Armando – offenbar den Keilriemen im Besonderen und Mittelklassewagen an sich. Man möchte die Nachlassverwalter eines gewissen Erich Fried würgen, dass sie „Es ist, was es ist“ hergegeben haben. So tröstet nur die Einsicht, dass auch den Werbern nichts mehr einfällt. Bis einer dann zum Buch der Bücher griff: „Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.“ (1. Korinther 13, 8) Wenn’s denn VW hilft.

Doch all jenen, die keine 24-seitige Farbbeilage segnet, sei zugerufen: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“