piwik no script img

editorialIn dieserliterataz

Große Namen, neue Perspektiven und der kritische Blick zurück: die besten Bücher aus dem Frühjahr

Douglas Rushkoff, einst Teil der Cyberpunk-Bewegung, beschreibt in seinem Buch „Survival of the Richest“ die Hybris derer, die mit ihren Tech-Visionen ursächlich an der Zerstörung der Erde beteiligt sind und sich nun aus dem Staub machen wollen.

Wer sich nicht zu anderen Sphären aufschwingen kann, bleibt. Doch am Boden bleiben hat auch etwas Gutes. Man muss nur dafür sorgen, die eigenen Umlaufbahnen stabil zu halten. Dabei können eine starke Familie helfen und Solidarität unter Frauen, wie die US-Autorin Chimamanda Ngozi Adichie mit ihrem Roman „Dream Count“ zeigt. Was passiert, wenn jegliche Bodenhaftung verloren geht, davon erzählt Helene Hegemann in „Striker“ über eine junge Frau mit Großstadtneurose. Serhij Zhadan kreist schreibend den Ukrainekrieg ein. In „Keiner wird um etwas bitten“ dringt der Krieg in alle Bereiche des Lebens vor.

Nicht alles sieht düster aus – in dieser literataz und überhaupt. Wir stellen Kinder- und Jugendbücher vor, die Mut machen, und nehmen Literatur im Kleinformat in den Blick: Wie steht es eigentlich um die Kurzgeschichte in Deutschland?

Wenn wir auf dieser besten aller uns bekannten Welten eine Zukunft gestalten wollen, kann ein um Verstehen bemühter Blick in die Vergangenheit helfen. Der Historiker Oren ­Kessler geht in „Palästina“ zurück ins Jahr 1936 und entdeckt im arabischen Aufstand in Palästina eine übersehene Wurzel des Konflikts.

Stabile Bahnen lassen sich manchmal erst durch die Korrektur von Umwegen erreichen: Silke Maier-Witt war Mitglied der RAF. In ihrer Autobiografie „Ich dachte, bis dahin bin ich tot“ blickt sie (selbst)kritisch zurück auf ihre Zeit in einer Bewegung, die bald nur noch um sich selbst kreiste und dabei den moralischen Kompass verlor.

Um Klarheit zu bekommen, lohnt es sich, die „Dunkle Seite der Sprache“ zu untersuchen: Die Phi­lo­so­ph:in­nen Tim Henning, Nikola Kompa und Christian Nimtz verhelfen im gleichnamigen Buch zu lichten Momenten. Die kann auch erleben, wer sich vom Datenstrom abklemmt: Sarah Pohl und Mirijam Wiedemann beschreiben, wie gefährdet besonders Menschen über 50 sind, sich in Onlinewelten zu verlieren, und wie man sie da raus holt. Doch auch für Jüngere ist die Flucht in die Welt der Zeichen und Onlinevideos verführerisch: Julia Friese erzählt in ihrem Roman „delulu“, wie ein Millennial auch nach dem Tod nicht den Glauben an die Glitzerwelt von MTV verliert, in der noch alles gut werden wird.

In diesem Sinne: Bleiben Sie stabil!

Nina Apin, Julia Hubernagel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen