doppelblind: Klimakiller Bitcoin
Von Jonas Waack
Ist die Kryptowärung Bitcoin zukunftsfähig? US-amerikanische Forscher sind dieser Frage in einer Studie nachgegangen, die in dem Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler bestimmten dafür drei Kriterien: Mit Reifung der Industrie sollten die verursachten Klimaschäden sinken, pro geschürftem Bitcoin sollte sein Marktpreis höher sein als seine Klimaschäden, und im Vergleich mit anderen, stärker regulierten Sektoren und Waren sollte der Klimaschäden-pro-Marktpreis-Wert gut abschneiden. Bitcoin fällt, wenig überraschend, durch alle drei Kriterien. Denn Bitcoin zu schürfen, ist sehr energieintensiv. Die Schürfer*innen erhalten Bitcoin, indem sie die Transaktionen anderer verifizieren und gleichzeitig im Wettbewerb mit anderen Schürfer*innen stehen, den richtigen, einzigartigen Identifikator für den wegen der Transaktion notwendigen neuen Block an der Blockchain zu finden. 2020 verbrauchte das Schürfen von Bitcoin in etwa so viel Energie wie Österreich.
Die damit verbundenen Treibhausgasemissionen haben andere Forscher*innen berechnet, indem sie anhand der zum Schürfen verwendeten IP-Adressen die Schürfer*innen und ihre Geräte lokalisiert und den dort verwendeten Strommix untersucht haben. Die Studienautoren nutzen den Durchschnittswert von September 2019 bis August 2021. Die Klimaschäden pro ausgestoßener Tonne CO2 oder deren Äquivalent, wenn es beispielsweise um Methan geht, schätzen die Studienautoren entlang des gemeinhin akzeptierten Richtwerts auf 100 US-Dollar. Für jeden geschürften US-Dollar Bitcoin verursachte das Schürfen auf dem Hoch des Bitcoin-Hypes Ende 2020 25 US-Cent und an 22 Tagen im Jahr 2020 mehr als einen US-Dollar Klimaschäden. Insgesamt waren es im Untersuchungszeitraum 2016 bis 2021 12 Milliarden US-Dollar.
Weil während der fünf untersuchten Jahre die Klimaschäden pro geschürftem Bitcoin zunahmen, fällt Bitcoin durch die ersten beiden angesetzten Kriterien: Mit zunehmender Reife sinken die Emissionen des Bitcoin keineswegs, und wegen seiner extremen Volatilität gibt es einige Tage, an denen ein geschürfter Bitcoin mehr Klimaschäden verursacht, als er auf dem Markt kostet. Im Vergleich mit anderen Industrien darf sich Bitcoin deswegen in die Klasse der altbekannten Klimakiller einreihen. Er verursacht in etwa so viel Klimaschäden pro US-Dollar Marktpreis wie die Rindfleischproduktion, Erdgasverstromung oder Benzinverbrennung.
Um eine ähnliche Klimaschadenbilanz wie Solarkraft oder Goldförderung zu haben, müsste der fürs Schürfen verwendete Strommix zu 88 Prozent aus Erneuerbaren bestehen. Das wäre ein Anstieg um 129 Prozent vom geschätzten derzeitigen Anteil.
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