die wahrheit: Neues aus Neuseeland, beleidigtes Känguru
Man kann John Howard vieles vorwerfen, aber nicht übertriebene Rücksicht auf Eingeborene. Um Aborigines hat der australische Premier sich bisher einen Dreck geschert....
Man kann John Howard vieles vorwerfen, aber nicht übertriebene Rücksicht auf Eingeborene. Um Aborigines hat der australische Premier sich bisher einen Dreck geschert. Seine Politik ist für Weiße und Wohlhabende. Ureinwohner machen nur 2,5 Prozent im Sonnenstaat aus, aber den größten Anteil der Gefängnisinsassen, Alkoholiker, Arbeitslosen, Aidskranken und Selbstmörder. Kängurus, die allerorts von Überland-Lastern plattgefahren werden, haben eine bessere Überlebenschance als ein Mensch aus der 50.000 Jahre alten, fast restlos zerstörten Traumzeit-Kultur.
Kein "Sorry" kam Howard jemals über die Lippen - die lange geforderte offizielle Entschuldigung für Genozid, Zwangsadoptionen, Landraub und andere Kolonialverbrechen, die bis in die Siebzigerjahre hinein dauerten. Das Wörtchen wäre zu viel des Guten. John H. macht es lieber seinem Freund George W. nach und setzt aufs Militär. Der Mann fürs Grobe, der auch bei Asylbewerbern keinen Spaß versteht, schickte jetzt seine Armee aus, um in den Aboriginal-Ghettos für Ordnung zu sorgen. Denn aus den sozialen Brennpunkten häufen sich Berichte über sexuellen Missbrauch: Desolate Männer, die sich im Suff reihenweise Kinder greifen.
Dass Erwachsene, die seit Generationen wie Tiere behandelt werden, sich irgendwann wie solche verhalten, sollte niemanden überraschen, der je einen Fuß ins Outback gesetzt hat. Doch der Premier gab sich plötzlich geschockt. Statt an der australischen Apartheid zu rütteln, will Howard den bösen Wilden lieber Internetpornografie verbieten und Zwangsuntersuchungen an Kindern vornehmen lassen. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Bald stehen die nächsten Wahlen an.
Während die Aussies mit gemischten Gefühlen auf den harten Durchgriff reagierten, hatten die Kiwis eine klare Antwort. Sie bestand aus zwei Wörtern. Vor laufenden Fernsehkameras nannte Hone Harawira von der Maori-Partei John Howard einen "racist bastard". Wenn Hone ein Aborigine wäre, er würde sich jetzt "wie Scheiße" fühlen. Und wenn jemals in seinem Land Probleme auf diese Art angegangen würden, dann griffen seine Leute aber zu den Waffen. Hugh!
"Rassistischer Dreckskerl" - das geht runter wie Öl. Neuseelands Premierministerin Helen Clark hielt sich nach Harawiras Kraftausdruck zwar bedeckt, aber andere Abgeordnete pflichteten ihm bei. Allein deshalb, weil transtasmanische Beleidigungen eine lange Tradition haben. Kiwi-Politiker werfen gern eine Ladung Schlamm auf den verhassten großen Bruder. Als sich in den Achtzigerjahren vermehrt neuseeländische Arbeitslose Australiens Sonne auf den Pelz schienen ließen und dort Sozialhilfe kassierten, lästerte der damalige Kiwi-Premier Robert Muldoon, dass der Exodus über den Teich "den IQ in beiden Ländern anheben" würde.
Die Rache kam in Form von Dame Edna Everage und ihrer säuerlichen Nebenspielerin Madge. Die neuseeländische Brautjungfer, so keifte Edna, sei "eine menschliche Made, zusammengehalten von Bakterien und angefeuert von Valium". In ihren Shows holt die Aussie-Transe stets gegen Kiwis aus: "Sie können kaum Englisch - wenn sie überhaupt reden." Manchmal reichen schon zwei Wörter.
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