die wahrheit: Buddhas Kabarett
Die Renaissance des Kabaretts ist nicht mehr aufzuhalten. Früher musste ein mittelmäßiger Schauspieler nur entdecken, dass er für die Heldenrollen im Theater nicht hübsch genug ist...
Die Renaissance des Kabaretts ist nicht mehr aufzuhalten. Früher musste ein mittelmäßiger Schauspieler nur entdecken, dass er für die Heldenrollen im Theater nicht hübsch genug ist, dann stieg er in die Wortspielhölle hinab, kam mit heißen Kalauern zurück, suchte sich eine Nische im Brettl - und fertig waren "Pfeffermühle", "Kneifzange" oder "Akademixer". Heute gibt es "Blüm & Sodann".
Im Herbst werden der ehemalige Rentensicherer Norbert Blüm und der Ex-"Tatort"-Schnarcher Peter Sodann mit einem Kabarettprogramm auf Tour gehen. "Wir wollen mit unserem Programm dazu beitragen, dass sich die Menschen ein Stück weit liebevoller anschauen", erklärte der liebe Sodann kürzlich in bester sozialdemokratischer "Ein Stück weit"-Sprache in Vanity Fair, der Spezial-Zeitschrift für das verzagte Versagen. Das wird bestimmt bretthartes Kabarett der beiden 71-jährigen Humor-Stützstrümpfe, die höchstwahrscheinlich das Volk aufrütteln, die Regierung umstürzen und die Welt retten werden. Aber hallo!
Wer jetzt noch keine Gänsehaut hat, der kennt Sabine Thielow noch nicht. Die vermutlich mehrmals wiedergeborene und deshalb alterslose Dame nennt sich auch Vajramala und ist Vorsitzende der Deutschen Buddhistischen Union. Zum Deutschland-Besuch des Dalai Lamas sagte Frau Vajramala, geborene Thielow, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 22. 7. 2007, dass sie zwar nicht den Humor des tibetischen Dauerlächlers besitze und auch keinen buddhistischen Witz kenne, aber bald "ein buddhistisches Kabarett aufbauen" wolle.
Den Schock muss man erstmal verdauen. Dann allerdings stellt man sich vorsichtig ein buddhistisches Kabarett vor. Und dazu passen dann ja womöglich zum ersten Mal in der Geschichte der Humorkritik die Phrasen und Formulierungen aus dem Baukasten des ahnungsfreien Feuilletons: Die buddhistischen Kabarettisten werden sicher mit spitzer Feder und scharfer Zunge Finger in Wunden legen und sogar Salz hineinstreuen, wenn sie allen Übelmännern die Masken herunterreißen, bis der Groschen endlich fällt und dem Publikum das Lachen im Halse stecken bleibt.
Aber, Moment mal! Buddhisten, die Finger in Wunden legen? Sogar Salz hineinstreuen? Dürfen die das denn? Müssen Buddhisten nicht eher Schnee in Wunden streuen? Kommt der Dalai Lama nicht aus dem Land des Schnees? Das wäre doch ein sauberer Name für ein gutherziges buddhistisches Kabarett: "Die Schneestreuer".
Und wo wir ihnen schon den Namen gegeben haben, können wir den "Schneestreuern" gleich auch ihren ersten Witz schenken - als Opener für die Show: "Was macht Franz Beckenbauer, wenn er wiedergeboren wird? Baum mer mal." Hahaha. Verstehen Sie? Baum mer mal / Schaun mer mal. Hohoho. Ein echter Kracher. Ist alles drin: Wiedergeburt, Beckenbauer, Baum, Kalauer. Für diesen Spitzenwitz lässt sich sogar Buddha höchstpersönlich einwechseln und wiedergebären, nur um die unglaublichen "Schneestreuer" einmal live zu sehen. Mit ihrem wahrlich einzigartigen Kabarettprogramm, das eine brandneue Humortradition begründen wird: das schenkelzwinkernde Augenklopfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Habeck wirbt um Fachkräfte in Kenia
Gute Jobs, schlechtes Wetter
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner