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die wahrheitNeues aus Neuseeland - Neulich nachts, auf Kiwi-Suche

Wanderer, kommst du ans Ende der Welt, dann steck die Taschenlampe ein. Denn auf Stewart Island, dem letzten Außenposten der Zivilisation vor der Antarktis...

...schlägt man sich nächtens ins Gebüsch. "Kiwi spotting" heißt die größte Attraktion auf der drittgrößten Insel des Landes, und natürlich sind auch wir dabei.

Da der scheue Kiwi-Vogel nachtaktiv ist und sich tagsüber versteckt, bekommt man ihn in der freien Wildbahn so gut wie nie zu Gesicht. Aber auf Stewart Island kreucht und fleucht er in Massen - zu besichtigen nach Dunkelheit, mit Phil. Der ist einheimischer Skipper und stellt mit Fallen allem nach, was das Wappentier bedroht: Ratten, Opossums, verwilderte Katzen. Phil besitzt ein Fotoalbum, das nichts anderes zeigt als zu Tode erschrockene Miezen im Blitzlicht - in ihrer letzten Stunde, kurz vor der Exekution.

Im Abendlicht tuckern wir in Phils Kutter auf einen entlegenen Strand zu. Gefühlte Richtung: Südpol. Stimmung an Bord: ganz Grzimek. Den Soundtrack dazu liefert Phil: Er zückt einen Kassettenrekorder und spielt uns die Brunftschreie des Kiwis vor. "Ihr solltet mal die Kommentare der Männer dazu hören", zwinkert er uns zu.

Als wir anlegen, ist es dunkel. Wir klettern von Bord. "Nicht mehr reden", schärft uns Phil ein, "und Taschenlampen nach unten." Im Gänsemarsch tappen wir einen Pfad entlang, links und rechts die Schatten niedriger Bäume, über uns der Mond. Schön, auch ohne Kiwis. Phil leuchtet ins Gebüsch, bleibt stehen. Wir lauschen. Da raschelte doch was? Fehlanzeige. Nach einer Weile stehen wir auf einem Strand. Meter für Meter leuchtet Phil die Sanddünen ab, murmelt immer wieder: "Hier kommen sie normalerweise runter." Wir laufen den gesamten Strand zurück. "Ich schau noch mal eben da hinten", sagt Phil und stapft in eine kleine Bucht davon. Das werden wir jetzt öfter hören. Wir warten. Wir pinkeln. Wir leuchten heimlich mit der Taschenlampe aufs Meer.

Unsere Karawane setzt sich in Bewegung. Wieder geht es durchs Gebüsch. An den Fallenkästen bleibt Phil kurz stehen und linst hinein - keine Beute, ebenfalls Fehlanzeige. "Ich schau noch mal kurz da hinten", sagt er und verschwindet im Unterholz, ein Getriebener auf der Suche. Wir warten. Der Mond leuchtet. Leise diskutieren wir die Lage: Ob wir heute Nacht noch einen Flattermann im Lichtkegel sehen oder nicht, ist uns eigentlich längst schnuppe - aber Phil zuliebe sollte ein Kiwi auftauchen, da sind wir uns einig. Keiner will ihm diese Niederlage zumuten. Phil kommt zurück. Wir hoffen auf Umkehr, doch er trottet los zum nächsten Strand. Wir hinterher. Er leuchtet emsig. Wieder nichts. Wir traben zurück zum Boot, drei Stunden später, deutlich erleichtert.

"Das ist mir in 17 Jahren noch kaum passiert", stößt Phil heraus, sichtlich enttäuscht. Er tut uns leid in seiner Schmach. Mit Neid denke ich an die älteren Damen aus der Stadt, die einst mit Phil auf Kiwi-Tour gingen. Damals erledigte er nebenbei die Katzen in seinen Fallen direkt vor ihren Augen. Die Touristinnen waren jedoch im Tierschutz-Verein. Sie kippten vor Entsetzen fast um. Wenn man Glück hat, kann man beim Kiwi-Spotting richtig was erleben.

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