die wahrheit: Neues aus Neuseeland
Urologen-Kreuzfahrt rund um die Fidschis.
Wenn die Urologen Neuseelands konferieren, werden keine Kosten und Mühen gescheut. Diesmal geht es aufs Schiff. Wer will schon in dunklen Tagungsräumen versauern, wenn man das Programm auf vier Stunden beschränken und danach entspannen kann? Drei Tage Kreuzfahrt rund um die Fidschi-Inseln: Da muss man durch, auch als Gattin. Da ich die Mitreisenden nicht kenne, packe ich zwei Bikinis ein: Das Modell "Ihr alten Schabracken - schaut her!" und das großzügig geschnittene Ensemble "Ich bin auch eine alte Schabracke, da gibts nichts mehr zu schauen!". Entschieden wird vor Ort.
Mit "Bula!" und Muschelkette werden wir am Flughafen von freundlichen Fidschianern begrüßt. Mit "Bula" kommt man hier weit. Am Empfang von "Blue Lagoon Cruise" kaufen die Damen noch flugs luftige Kreuzfahrt-Gewänder in pink, giftgrün und knallblau. Vielleicht können wir im Abendprogramm als die Supremes auftreten?
"Bula!", strahlt die Crew, als wir unser Schiff beziehen. Besonders strahlt Alfie. Er ist der Chefstewart und ein Südsee-Klon von Sascha Hehn: Weiße polierte Schuhe, weiße faltenfreie Uniform, weiße blitzende Zähne und dazwischen nichts als Nutella-Haut. Die Gattinnen werden unruhig, wann immer Alfie vor uns steht. Er erklärt uns alles: das Boot, das Buffet, die Schwimmregeln, die Tänze. Während die Nierenklempner tagen, legen die Gattinnen ihre Zweiteiler an. Da Alfie nicht fern ist und bald die ersten Drinks am Liegestuhl serviert, ist die Textilwahl schnell entschieden.
Am letzten Abend ist "Island Night" auf einer kleinen Insel. Als das Buffet abgetragen ist, schütteln die Gattinnen ihre Riemchensandalen von den Knöcheln und tanzen zu Abba im Sand. Alles hofft auf Alfie: Das Tanzen hat so ein Fidschianer doch im Blut! Alfie jedoch sitzt, ganz Insulaner, mit seiner Crew abseits im Dunkeln und schlürft Kava aus einer Kokosnussschale. Der moderige Wurzeltrunk betäubt und macht die Beine lahm. Die Gattinnen seufzen und greifen zum Cocktail. "Sex on the Beach" heißt der beliebteste.
Nach drei Tagen bin ich Kreuzfahrtprofi und weiß: Die Verabschiedung ist das Highlight und wird über Stunden zelebriert. Angefangen mit "Que sera, sera", dargeboten im Speisesaal vom Hilfskoch und dem Kabinen-Zimmermädchen. Es folgt das obligatorische Gruppenfoto auf dem Sonnendeck. Jeder muss sein unförmiges "Blue Lagoon"-Polohemd tragen. Alfie tänzelt ganz in Weiß vor uns auf einem Tisch und nimmt sich eine Digitalkamera nach der anderen vor. "Bulaaaa!", ruft er und grinst, "Bula!", rufen wir zurück. So viele Schnappschüsse! So viel Alfie-Lächeln! Dann werden reihum Hände geschüttelt und Küsschen verteilt. "Auf Wiedersehen", raunt Alfie, als er mir die Nutella-Wange hinhält. Das berichte ich brühwarm einer der tanzfreudigen Gattinnen. "Bitch", zischt sie. "Schlampe", gifte ich zurück.
Kurz vor dem Abflug händigt mir ein "Blue Lagoon"-Mitarbeiter ein Päckchen aus. Mein Herz schlägt schneller. Nachricht von Alfie? Morddrohung von der Schlampe? Es fühlt sich weich unterm Papier an. Ich reiße die Tüte auf. Es sind die beiden scheußlichen "Blue Lagoon"-Polohemden, die wir mit Absicht in der Kabine vergessen hatten.
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