die wahrheit: Gegen alle Zweifler
Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Alltag einer nationalen Ehe.
Mon cher journal intime
Liebes Tagebuch, endlich ist ein wenig Ruhe eingekehrt. Endlich war uns ein schönes Wochenende vergönnt ohne irgendwelche hysterischen Berater (wenn man Maman mal ausnimmt), fiese Pressemeldungen oder nervige Minister, die kaum, dass das Frühstück serviert ist, anrufen, weil sie nicht klarkommen. Überhaupt, die Presse beruhigt sich langsam. Sie fahren ihre Häme ein und beginnen uns als Paar ernst zu nehmen.
Unser PR-Berater hat mir ein Interview mit dem LExpress organisiert. Das erste Gespräch mit der "Prémiere Dame". Ich soll als eigenständige, kluge Frau mit einer differenzierten Meinung rüberkommen, die zu ihrem Mann steht, ohne ihren eigenen Kopf zu verleugnen. Also einfach ich selbst sein. Das sollte mir ja nicht schwerfallen. Die Fotos haben wir schon letzte Woche gemacht. Da habe ich eine hellgraue Strickjacke mit Zopfmuster an - wenigstens konnte ich durchsetzen, dass es eine aus Vicuña ist (3.400 Euro, Anm. d. Red.). Außerdem trage ich dabei eine schwarze Hose und quasi kein Make-up. Ich sehe aus wie meine eigene Großmutter. Nun denn, wenn es meinem (neuen) Vaterland dient!
Ich muss dran denken, Nici ein neues Shampoo zu besorgen. Dieses billige französische Zeug hat irgendetwas, das ich nicht vertrage. Ich habe ja ständig seine Haare an der Nase und jedes Mal muss ich niesen. Ich werde ihm was Feines von der Farmaceutica die Santa Novella schicken lassen. Apropos Haare in der Nase - mir tut der Rücken weh. Ich bin nur froh, dass diese ganze Fotografiererei zunächst mal ein Ende hat. Aber eines muss man der Journaille lassen, es gab nicht ein Foto, auf dem ich größer gewesen wäre als mein geliebter Schatz.
Ich weiß nicht, was ich machen soll! Ich kann nicht mehr. Alles, alles geht schief! Es ist egal, was ich tu, alles läuft aus dem Ruder! Jetzt hab ich mich entschuldigen müssen, weil ich in dem Interview angeblich einen unzulässigen Nazi-Vergleich gebracht habe. Wenn sich mal irgendeiner die Mühe machen würde, zu lesen, was ich gesagt habe, würde er feststellen, dass ich das nicht gesagt habe, was nun alle daraus machen! Aber ich will mich nicht mehr aufregen. Doktor Leroc hat auch gesagt, ich dürfte mir das alles nicht so zu Herzen nehmen, und mir ein paar Globuli verabreicht. Ich glaube, sie wirken schon. Ich werde nachher Maman anrufen und fragen, ob das Chalet frei ist. Ich glaube, ein paar Tage an der Küste täten mir gut. Außerdem werde ich wieder Yoga anfangen, um meine Mitte zu halten.
Maman macht mich völlig wuschig. Ich habe vorhin kurz angerufen, wegen des Chalet. Da fing sie wieder gleich an, wie glücklich sie sei und wie stolz, dass aus mir nun doch noch was geworden sei. Und wieder ging es los, dass wenn wir schon dort wären, wir doch bei den Grimaldis vorbeischauen sollten. Das wäre doch so eine wichtige Verbindung, bla bla bla. Dass sie es nicht lassen kann! Ich wollte schon vor 30 Jahren nicht mit Stéphanie spielen, weil sie eine dumme Zicke ist, eine Totalprollette und ihr Bruder voll gestört. Es ist so eklig, was er damals mit den Hühnchen gemacht hat, da ist es mir egal, ob die Beziehung "förderlich" sei, wie sie es ausdrückt. Ach, Scheiße. Ich fühle mich schon wieder wie zwölf. Stimmt es, was Professor Paré sagt, wird man einer Mutter gegenüber nie erwachsen?
Apropos wachsen - es bleibt dabei, dass Tom Cruise die Rolle von Nici übernehmen soll, in "Die Macht der Liebe", dem Film über uns. Unklar ist noch, welchen Preis er nächstes Jahr dafür bekommt. Frank Schirmmacher (lustiger Name! Ob seine Familie was mit der Firma "Knirps" zu tun hat? Das wäre ja noch eine lustige Verbindung, ich muss Maman fragen), der Zeitungsmann aus Deutschland, den wir letzte Woche treffen wollten, konnte nicht. Angeblich ist seine Frau schwanger. Egal. Wir werden ihm wohl bald begegnen. Ich habe schon ein deutsches Volkslied gelernt, dass ich gern für ihn singen würde, Nici könnte den Takt schlagen: "Zehn nackte Frisösen" - komischer Titel. Aber Jacques, sagt, es sei die moderne Fassung des alten Liedes "Zehn kleine Negerlein", das man heute nicht mehr singen dürfte. Ich bin so froh, dass er ein Auge auf diese Dinge hat. Noch so einen Fauxpas wie in dem Interview kann ich mir nicht leisten!
Ich bin immer noch überfällig! Ich bete zu Gott, dass es dieses Mal bleibt! Ein Kind, das wäre das Größte. A) weil ich immer ein zweites wollte, b) damit Aurélien etwas zum Spielen hat - er ist oft doch sehr allein, hier im Palast, c) weil ich merke, dass für unsere Liebe ein neues Bindemittel her muss, d) damit die Zweifler sehen, dass es was Ernstes ist mit Nici und mir. Ach ja, und e) damit, falls der ganze Scheiß hier doch noch den Bach runtergeht, mir irgendetwas bleibt. Wäre ja ärgerlich, wenn das alles umsonst gewesen sein soll.
Komisch, ich habe die ganze Woche nichts von Eric (Clapton, Anm. d. Red.) gehört. Ich hoffe, er hat sich nichts angetan.
SILKE BURMESTER
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?