piwik no script img

die wahrheitZwei drittklassige Komiker und eine satanische Schlampe

Täglich treten im englischen Fernsehen und Radio Stand-up-Comedians auf, deren Unterhaltungswert dem Beobachten von Farbe beim Trocknen entspricht.

Der Engländer hat Humor, das bescheinigt er sich gern täglich. Genauso täglich treten im englischen Fernsehen und Radio Stand-up-Comedians auf, deren Unterhaltungswert dem Beobachten von Farbe beim Trocknen entspricht. Russell Brand ist einer davon. Der drittklassige Komiker mit erstklassigem Gehalt hat eine eigene Radioshow bei der BBC. Das heißt, jetzt hat er sie nicht mehr, denn er wurde vorige Woche gefeuert - unter dem Beifall von Premierminister Gordon Brown, der das "widerliche Verhalten" geißelte, und er meinte nicht die Bankiers.

Brand und sein Studiogast, der Fernsehmoderator Jonathan Ross, wollten eigentlich den Schauspieler Andrew Sachs interviewen. Der 78-Jährige spielte den etwas trotteligen Kellner Manuel in der wunderbaren Serie "Fawlty Towers" mit John Cleese. Sachs, der in Berlin-Wilmersdorf aufgewachsen ist, war jedoch nicht zu Hause, und so hinterließen die beiden Knalltüten vier Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, in denen sie Sachs mitteilten, dass Brand dessen "Enkelin Georgina Baillie gefickt" habe. Der Sex sei "einvernehmlich gewesen", und sie habe "dabei nicht menstruiert".

Brand, ein 33-jähriger pubertierender Jugendlicher, spekulierte mit seiner aufdringlichen Fistelstimme, dass Sachs sich nach dieser Nachricht wohl das Leben nehmen werde. Tatsächlich stimmte die Fickgeschichte sogar. Die 23-jährige Georgina Baillie, die als Hobbys "Alkohol und Unterwäsche" auflistet, erklärte, sie habe dreimal mit Brand geschlafen. Dass Opa davon aber auf diese Art und Weise erfahren habe, sei eine Gemeinheit. Allzu überrascht wird er nicht gewesen sein. Baillie tritt als "Voluptua" mit den "Satanischen Schlampen" auf, und bei ihrer Bühnenshow geht es nach eigenen Angaben um "Cheerleader-Massaker, Voodoo-Opferungen, Vampir-Brutalität und viel, viel mehr".

Das passt eigentlich gut zu Brand, der früher wegen seiner Heroin- und Alkoholexzesse Furore gemacht hat und später von Hare Krishna gerettet wurde. Es ist nicht das erste Mal, dass Brand gefeuert wurde. Bei MTV warfen sie ihn hinaus, weil er am Tag nach den Anschlägen vom 11. September 2001 als Ussama Bin Laden verkleidet zur Arbeit erschien. Nur einmal aber hatte er einen lichten Moment, als er den US-Präsidenten George W. Bush öffentlich als "debilen Cowboy, dem man in England nicht mal eine Schere anvertrauen" würde, bezeichnete.

In England vertrauen sie stattdessen debilen Komikern ein Mikrofon an. Brand und Ross setzten bei ihrer Sendung noch eins drauf und schlugen vor, bei Sachs einzubrechen und den alten Mann zu vergewaltigen. Englischer Humor eben. Weil es keine Live-Sendung war, ist der zuständige Redakteur inzwischen arbeitslos. BBC-Generaldirektor Mark Thompson entschuldigte sich bei den Gebührenzahlern.

Jonathan Ross, der von der BBC sechs Millionen Pfund im Jahr kassiert und vorige Woche ebenfalls suspendiert wurde, hat sich auch entschuldigt. Es tue ihm leid, das sei sonst nicht seine Art. Selbstverständlich nicht, er ist eher der Mann für brisante politische Interviews. Neulich fragte er in seiner Fernsehshow den Tory-Chef David Cameron, ob er beim Wichsen manchmal an Margaret Thatcher denke.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • S
    swamphead

    @Andie

    Fawlty Towers ist gut, no doubt.

     

    Puskas, Bozsik, Kozsis... seufz schmelz anhimmel

     

    trotzdem ist der ungarische Fussball heutzutage auch nicht mehr das, was er mal war

  • A
    Andie

    Wie dumm die Aktion der beiden Knallchargen auch immer war: Inwiefern dies symbolisch für den "englischen" (ist damit vielleicht doch der berüchtigt-schwarze Britische gemeint?) Humor sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Für mich klingt das eher nach Inselrumhacken (gibt es eine bessere Bezeichnung für umgedrehtes German Bashing?) mit stolz erhobendem Zeigefinger. An der Tatsache, dass bis auf wenige Ausnahmen selbst das dürftigste britische Comedy-Programm auch noch der gehobenen deutschen Comedy überlegen ist, ändert sich nichts... was wohl der Autor bestätigen kann, wenn er Fawlty Towers gesehen hat.