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die wahrheitDie Pendeluhr des Grauens

Jemand musste mich verleumdet haben, denn ohne das ich etwas Böses getan hätte … - im Gegenteil: Ich hatte sogar versucht, etwas ausnehmend Gutes zu tun...

Jemand musste mich verleumdet haben, denn ohne das ich etwas Böses getan hätte … - im Gegenteil: Ich hatte sogar versucht, etwas ausnehmend Gutes zu tun.

Es ist nämlich so, dass mein Onkel Gustav Pendeluhren sammelt. Große Pendeluhren, kleine Pendeluhren, und sie alle ticken und tacken in seiner Wohnung. Es ist die glühende Leidenschaft seines Lebens, und ich fand es seit jeher schade, dass die ganze Familie ihn für einen verschrobenen Narren hält und ich nie eine Gelegenheit gefunden hatte, ihm zu zeigen, dass mindestens ich die Anhänger verschrobener Spleens nicht automatisch als Narren betrachte.

Jetzt aber war es so weit. Ich hatte Frantisek, den Trödler, angerufen, denn ich suchte ein Geschenk zum 75. Geburtstag des Onkels. "Pendeluhr?", hatte Frantisek gesagt: "Da hab ich was! Nicht schön, nicht teuer, aber selten!" Ich war begeistert. "Halt sie fest!", japste ich: "Ich nehme sie! Du kannst die Rechnung schon fertig machen, ich bin sofort da!"

Kurz darauf polterte ich in seinen Laden.

Frantisek tapste mir gleich entgegen, machte "Psst!" und gab mir gestenreich zu verstehen, nicht so viel Lärm zu machen. Ich erstarrte. "Was ist denn los?", hauchte ich. Frantisek wies mit einer Kopfbewegung in den kleinen Nebenraum, wo, wie ich jetzt sah, ein Mann am Fenster saß. "Mein Schwager!", flüsterte er: "Gerade gekommen! Er ist bei der Kripo und macht eine Observation! Ganz große Sache! Allererste Priorität!"

Ich pfiff lautlos durch die Zähne, dachte: "Oha, eine Observation!", und reckte den Hals, um hinter den Fensterscheiben vielleicht irgendwas erspähen zu können, was sich später gewinnbringend an einen Fernsehsender verkaufen ließe.

In diesem Moment wandte der Kriminalschwager sich um. Ich grüßte ihn lächelnd. Er starrte mich an. Ich nickte ihm zu. Er starrte mich an. Ich winkte verlegen. Er starrte mich an. Auf einmal fühlte ich mich schuldig, rettungslos schuldig - verraten, im Eimer, verratzt. Er sah aus, als ob vor seinem inneren Auge die Bilder der Verbrecherkartei abliefen. Vor meinem inneren Auge jedenfalls liefen die Bilder meiner Verbrechen ab: Wie ich in den späten Achtzigern in einem Ulmer Eiscafé zwei Espressotassen hatte mitgehen lassen; wie ich in meiner Steuererklärung 1994 … - o Gott! Ich durfte gar nicht daran denken!

Jetzt holte der Schwager ein Handy aus der Tasche und drehte sich wieder zum Fenster. Wahrscheinlich sagte er gerade Sachen wie: "Zielperson eindeutig identifiziert!" und "Zugriff!" ins Telefon. Mir wurde heiß, mir wurde kalt. Frantisek sagte: "Was ist denn los? Du bist bleich wie eine Quarkmaske?!" Und ich sagte: "Ich … ich … ich hab vergessen mein Badewasser abzustellen!", und lief davon.

Zu Hause angekommen, zerrte ich den Koffer vom Schrank. Wohin konnte ich fliehen? Iran, Nordkorea, Liechtenstein? Ich seufzte bei der Vorstellung, den Rest meiner Tage in einem dieser herrlichen Landstriche fristen zu müssen. Da klingelte es. Ich wusste, jetzt war ich geliefert. Der Kripomann kam die Treppe herauf, starrte mich an. Und als er vor mir stand, griff er in seine Tasche und sagte: "Frantisek schickt mich, Sie haben die Uhr vergessen!"

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