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die wahrheitLuftschlag in München

Rauchende Ruinen, ausgebrannte Fahrzeuge, verwüstetes Gelände. Bilder, die man sonst aus dem Irak oder Afghanistan kennt - doch diesmal ist München betroffen, die Hauptstadt ...

Vor dem Hauptquartier der bayerischen Landesbank in München steht der zurzeit meistfotografierte Löwe. Bild: ap

... des deutschen Finanzdesasters. In einem verheerenden Luftschlag legten zwei Bundeswehr-Kampfflugzeuge das Gebäude der Bayerischen Landesbank in Schutt und Asche. Allein der steinerne Löwe vor dem Eingang, meistfotografiertes Motiv der letzten Wochen, blieb unversehrt stehen und kann ab sofort als mahnendes Beispiel vor den verheerenden Folgen des ungezügelten Raubtierkapitalismus fotografiert werden.

Der umstrittene Luftangriff von München forderte mehr als hundert Opfer - darunter 60 bis 80 Banker und 30 bis 40 getötete oder verletzte Zivilisten. Bedauerlich, doch der Einsatz der Bundeswehr im Inneren war nach Worten der Bundeskanzlerin unumgänglich geworden, weil fundamentalkapitalistische Investmentbanker geplant hatten, das Finanzsystem Deutschlands und der gesamten Welt in den Abgrund zu stürzen.

Doch ganz geklärt ist dieser Angriff noch nicht. Anders als bisher behauptet, ging es nämlich nicht nur um den weitläufigen Komplex der Landesbank. Das geht aus dem offiziellen Untersuchungsbericht des Verteidigungsministeriums hervor. "Der Luftwaffenoberst Georg Groß, der den Luftschlag anforderte, wollte eine Ansammlung von hochrangigen Finanzspezialisten bekämpfen, nicht die Gebäude", heißt es in dem geheim gehaltenen Bericht über den verheerenden Einsatz im Herzen der bayerischen Metropole.

Mit dieser Information erscheint die Debatte hinfällig, ob es Alternativen zu dem Bombardement gegeben hätte, etwa durch eine warnende Machtdemonstration im Tiefflug. Laut dem Bericht waren in der fraglichen Nacht 60 bis 80 Landesbanker zu einer als Weihnachtsfeier getarnten konspirativen Sitzung geeilt. Der mittlerweile zurückgetretene BayernLB-Chef Michael Kemmer hätte seine Leute sogar vor einem möglichen Bombardement gewarnt, aber niemand schenkte dem Beachtung. Zu verlockend war wohl die Aussicht auf kostenlosen Glühwein und Plätzchen.

Der Bericht behandelt auch die Vorgeschichte des ersten Bundeswehreinsatzes im Innern. Er kommt zu dem Schluss, dass Oberst Georg Groß angesichts der akuten Bedrohung des Weltfinanzsystems, der jahrelangen Veruntreuung von Steuergeldern und letztlich dem drohenden Einsatz von finanzpolitischen Massenvernichtungswaffen der Moment günstig erschienen sein müsse, die Gruppe der marktradikalen Taliban-Banker ein für allemal auszuschalten. Ein Informant vor Ort habe den Einsatzstab wissen lassen, dass sich ausschließlich Investmentbanker, Finanzspezialisten und der mehrheitlich mit CSU-Politikern besetzte Verwaltungsrat in der weihnachtlich geschmückten Kantine der BayernLB aufhielten. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums lehnte es am Freitag auf die Frage nach den Motiven für den Angriff ab, "auf Spekulationen zu reagieren, seien sie richtig oder falsch". Es sei nun Aufgabe eines Untersuchungsausschusses, die Umstände des Bombardements zu klären.

"Hier besteht ein durchaus berechtigter Aufklärungsbedarf des Deutschen Bundestags", erklärte auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei einem Truppenbesuch im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck, von wo aus die Kampfjets aufstiegen. Dennoch dürfe der Untersuchungsausschuss nicht die Soldaten diskreditieren, sondern müsse zu mehr Rechtssicherheit beitragen. "In dieser taktischen Situation gab es aber eine akute Bedrohung der Stabilität der Finanzmärkte", sagte Minister zu Guttenberg. "Der Einsatz von Luftunterstützung zur Bekämpfung großer Bankeransammlungen steht damit vollinhaltlich im Einklang mit den Absichten und Weisungen der Bundeskanzlerin."

Ausführlich berichtet die Untersuchungskommission über die Reaktion der Münchner auf das Bombardement. "Dem Luftschlag folgte eine Welle der Euphorie in der lokalen Bevölkerung." Den Angriff werteten die Menschen demnach als Hinweis darauf, dass die Regierung "endlich etwas gegen die Manager unternahm, die jahrelang ungestraft Milliardenbeträge verzockt hatten". Die Piloten der Kampfjets "wurden als Helden angesehen. Die Öffentlichkeit empfand, dass die Luftschläge gerechtfertigt gewesen seien, und dass die vom Angriff getöteten oder verletzten Banker ihre gerechte Strafe dafür erhalten hätten, dass sie an der kriminellen Veruntreuung von Steuergeldern teilgenommen hatten." Verteidigungsminister zu Guttenberg hatte am Vorabend im ZDF-"heute journal" allerdings gewarnt, die Bankenkrise sei "nicht allein mit militärischen Mitteln zu lösen".

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13 Kommentare

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  • AK
    Andreas Kapfer

    "Satire darf alles!?" Ist das so oder gibt es nicht doch auch Grenzen, die man einhalten sollte?

    Ich arbeite selbst in einer Sparkasse und bin auch nicht "amüsiert" über das Desaster bei einigen Landesbanken, den Töchtern der Sparkassen.

    Und wie das mit "Töchtern" (und natürlich auch Söhnen) nun eben mal so ist, sie machen eben nicht immer das was Vater oder Mutter wollen.

    Würde ich aber deswegen jetzt so satirisch werden und die Bundeswehr, Kampfflugzeuge und Bomben gegen sie einsetzen???

    Außerdem wird im Rahmen der ganzen Diskussion zur Finanzmarktkrise und der Situation der Landesbanken von einer Vielzahl der Medien auch gerne "schwarz-weiß" gemalt.

    Nur eine Minderheit an "Bankern" hat die aktuelle Situation verursacht, ausbaden sollen und müssen es aber alle Bank- und Sparkassenbeschäftigten, wird doch kübelweise Mißtrauen kollektiv über alle ausgeschüttet und unterstellt, wir wären alle nur Abzocker.

    Sind denn nicht auch die Kunden, die heute sagen, der Berater hätte sie nicht richtig beraten, diejenigen gewesen, denen das Gen "Gier" das Hirn weggefressen hat?

    Es ist leicht einseitig Schuldige auszumachen (und ich bin bei Gott nicht begeistert, über das, was von der Politik in den Landesbanken maßgeblich mit verursacht wurde), aber nicht zu sehen, was auch der "Kleinsparer" mit seinem Verhalten dazu beigetragen hat.

  • DM
    Doc Mison

    Herrlich, grossartig. ROFL

  • DI
    Diethard Irrgang

    Liebe Redaktion,

    das ist schon eine komische Art Humor, die Sie da "zum Einsatz bringen".

    Die Beschäftigten der BayernLB

  • K
    Kytta

    Geschmacklos!

    Krieg mit einer finanziellen Krise zu vergleichen ist auch im satirischen Sinne nicht lustig.

    Auch die Bundeswehr wird hier in ein falsches Licht gerückt.

    "Normale" Bankangestelle können nichts für die Finanzkrise, sie geradezu "ermorden" zu wollen ist nicht zu fassen!

    Das zeigt das wahre Gesicht der TAZ.

  • AS
    Andreas Seidl

    Sehr geschmackloser Beitrag, ich hoffe die Flieger werfen auch eine Bombe über der TAZ Zentrale ab. Über die verstümmelten, verbrannten und getöteten Journalisten werden vielleicht manche in der Republik schmunzeln.

    Ich kann darüber nicht lachen!

     

    Frohe Weihnacht

    AS

  • S
    Siggi

    Sehr gelungener Artikel. respektlos, böse, auf den punkt. kann schon verstehen, dass man ein merkwürdiges gefühl beim lesen kriegt, aber ich schließe mich in sachen satire auch dem tucholsky - zitat an!

  • W
    Wolfgang

    Wieso eigentlich MÜNCHEN???

  • D
    der.große.humungus

    @Peter Schneider: Niemand findet das witzig, was in Afghanistan abgeht. Aber wie sagte Kurt Tucholsky: "Was darf Satire? - Alles!" Gerade indem man Dinge, die miteinander nichts zu tun haben, verquickt, erzielt man doch einen satirischen Effekt. Und das ist hier besonders gut gelungen.

  • PS
    Peter Schneider

    Auch wenn dieser Beitrag höchstwahrscheinlich der Zensurschere zum Opfer fällt:

    Ich weiß nicht. ich kann da nicht mitlachen. Über so etwas kann man nur im satten, verwöhnten Deutschland lachen.

    In Afghanistan tobt seit knapp zehn Jahren ein grausamer Krieg, bei dem tagtäglich dutzende Menschen sterben.

    Ich habe einen afghanischen Bekannten, der ist vor ein paar Monaten mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Er ist Hindu. Als er klein war, haben die Taliban vor seinen Augen seinen Vater ermordet, nur weil er Hindu war. Ich finde die Taliban nicht lustig, ich finde auch Soldaten nicht lustig, die afghanische Zivilisten töten. Genauso wenig lustig ist das Bild eines deutschen Soldaten in dessen Armen ein achtjähriges afghanisches Mädchen stirbt, weil es auf eine Mine getreten ist. DAS ist die Wahrheit. Wie kommt man denn darauf diese Wahrheit so ins Lächerliche zu ziehen und es mit etwas vergleichsweise so Banalem, wie Pleitebanken zu vergleichen? Wie passt das zum Profil der taz? Ich bitte um eine Stellungnahme!

  • T
    Tom

    Geschmackloser, blöder und alberner Artikel.

  • M
    maja

    herrlich!!! wenn man mal schlecht drauf ist... einfach nur DIE WAHRHEIT lesen.. und schon hat man wieder was zum herzhaft lachen.... schöne idee, prima verwurstet, bravo!

  • J
    jwpriebe

    Danke. Danke. Danke.

  • C
    coll

    Sehr schöne Vorstellung :-)! Warum nur kommt mir da trotz der zivilen Opfer kaum Mitleid auf...