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die wahrheitInvasion der Hinrenner

Jetzt wird in Berlin auch noch Neukölln unbewohnbar.

Kaum ein Landstrich in Deutschland hat so viele Probleme wie der Berliner Bezirk Neukölln: hohe Arbeitslosigkeit, geringe Bildung, eine große Zahl jugendlicher Schulabbrecher - soziale Verwahrlosung ganzer Straßenzüge. Und wenn gerade mal niemand auf offener Straße erschossen wird, beklagt Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky die mangelnden Umgangsformen in seinem Viertel.

Wie neulich im taz-Interview, als er erklärte, dass er es unschön finde, wenn seine Frau nach Hause komme und erzähle, dass sie mal wieder an zwei roten Ampeln Angebote zur Fortpflanzung erhalten habe.

Neukölln ist also gebeutelt und geschunden genug, doch als ob Arbeitslosigkeit, Armut und verbale Ausfälle nicht genügten, droht seit einiger Zeit neues Ungemach: Der Problem- wird zum Partykiez. Mit wachsendem Tempo mutiert Neukölln zum Vergnügungsviertel für Jungakademiker, Feiertouristen und alle sonstigen Arten von Hinrennern.

Inzwischen hat sich wohl auch bis zum letzten Hinterwäldler herumgesprochen, dass das Viertel der kommende Szenebezirk ist - dass da was geht. Oder, um es in der Sprache der jugendlichen Bewohner des Viertels zu sagen: "Jetzt wird Neukölln richtig gefickt."

Denn mit den Szenebezirken verhält es sich in Berlin wie mit dem Raubbau: Wenn eine Gegend erschlossen und ausgenommen ist, zieht die Karawane der Künstler und Kreativen weiter, bis auch der nächste Kiez mit Cafés, Clubs, Kneipen und Hostels planiert ist und statt Einheimischer nur noch Prolls und Touristen kommen. Nach Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain wird nun also der nächste Berliner Stadtteil unbewohnbar gemacht.

Vor allem im - wegen seiner Nähe zu Kreuzberg - Kreuzkölln genannten hippen Norden des Bezirks schießen Bars und Kneipen aus dem Boden wie Pilze, die in dieser Gegend bis dato nur die feuchten Fassaden der Häuser bedeckten. Wohnzimmerartige Wirtshäuser mit Namen wie Ringo und Kinski, in denen Designer, Musiker und Studenten auf Sofas und an Couchtischen lümmeln und einen Schund zusammenreden, dass einem die Ohren schlackern.

Jedes Wochenende zieht der Zug der Partylemminge von Kneipe zu Kneipe, wo er sich Tannenzäpfle und Bionade durch die erlebnisdurstigen Kehlen rinnen lässt - mitunter auch Astra oder Sternburg Pils, diese Alkohol gewordenen Symbole für Prekariat und Proletentum. Schließlich ist man hier in Neukölln.

Aber nicht nur in eigenen Feierdomizilen wird sich vergnügt. Bei der Partyreihe "arm & sexy" fallen die Feierwütigen einmal im Monat in eine der alteingesessenen Eckkneipen ein, deren Namen auf -Eck oder -Stube enden und wo es Schultheiss und Engelhardt gibt statt Tannenzäpfle und Becks, um den irritierten Stammgästen das Letzte zu nehmen, was sie haben: einen Rückzugsort zum ungestörten Ertränken der Sorgen.

Letztjähriger Höhepunkt des Prekariats-Tourismus war eine Party im Jugendclub der Rütli-Schule. Schwer zu sagen, was zombiehafter war: die von Jugendlichen aus Pappmaché gebastelten Tiere, die von der Decke hingen, oder die zur Technomusik zuckenden Leiber der Partygäste darunter.

"Multikulti ist gescheitert", möchte man fast mit Bezirksboss Buschkowsky rufen, angesichts all der integrationsunwilligen Zugereisten aus Restdeutschland, Spanien und Amerika, die den Kiez nur als Kulisse für ihre Partys und ihr Palavern begreifen. Als riesigen Freizeitpark. So wie jener Zugezogene, der kürzlich in einem Lokal namens Mama lautstark erklärte, Neukölln sei schon super - aber ein bisschen prenzlauerbergmäßiger dürfe es ruhig sein. Als ob ein Prenzlauer Berg nicht genügen würde.

Heinz "Buschi" Buschkowsky selbst, eigentlich nie um einen lautsprecherischen Verweis auf die Not seines Bezirks verlegen, wird sich dereinst noch zurücksehnen nach den Zeiten, als die Mieten in seinem Viertel bezahlbar waren und alteingesessene Neuköllner nicht unter Artenschutz standen - spätestens wenn die Neu-Neuköllner dem SPD-Mann den Laufpass gegeben und einen Grünen zum Chef des einstigen Arbeiterbezirks gemacht haben.

Aufzuhalten wird dies wohl nicht mehr sein. Auf einer Party sagte kürzlich eine aus Köln stammende junge Frau, dass sie jetzt seit drei Jahren in Friedrichshain wohne, demnächst aber nach Neukölln ziehen wolle. Das sei spannender. Wie langweilig muss ein Leben eigentlich sein, wenn man es spannend findet, in wohnzimmerartigen Cafés Tannenzäpfle zu trinken?

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34 Kommentare

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  • L
    lilu

    wie sich widermal zeigt nehmt das leben nicht so ernst es findet sich eine lösung ;)

     

    http://wtso.net/movie/534-2407_The_Day_the_Earth_Stood_Cool.html

  • N
    Nihil

    Dieser Artikel ist voll mit Verallgemeinerungen und unreflektierter Hetze. Ich bin enttäuscht, dass solch ein Schund in der TAZ erscheinen darf. Ja es gibt das Problem der Gentrifizierung, ja die Wohnungen sind teuer, ABER NEIN, nicht alle die da hinziehen sind Hipster und NEIN, wir trinken nicht alle Tannenzäpfle und NEIN, wir labern nicht nur Müll daher. Ich lese hier den Anflug einer gewissen Intellektuellenverachtung heraus, wie sie eine gewisse Partei in den 30ern schon geschürt hat. Das finde ich traurig. JA es gibt Dummschwätzer, aber die gibt es überall.

     

    Ein unglaublich stumpfer und dummer Artikel. Wenn Journalismus nur das Ziel hat zu Provozieren, dann haben Sie ihr Ziel erreicht. Alle die Journalismus jedoch als Informationsdienst und als den Versuch einer Abbildung der Realität verstehen, können sich beim obigen Geschreibsel nur angewidert wegdrehen.

     

    Aber gut, für eine Verfehlte Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik können die angeblich so schlimmen Studis ja immer besser herhalten. Gegen die Wurzel des Problems anzuschreiben, also politische Verfehlungen und Immobilienspekulationen z.B., ist Ihnen anscheinend zu kompliziert Herr Meinhold. Denn so einfach ist das ganze auf jeden Fall nicht. Werde dann mal als Dauercamper auf einen Campingplatz im Grunewald ziehen, damit ich niemanden verdränge.

     

    So ein Mist hier, da reg ich mich echt auf!

  • K
    Knacks

    Was mich immer ein wenig stört, ist der Generalverdacht. Ich bin hier hauptsächlich zum Studieren und Leben und nur gelegentlich zum Feiern. Wo soll ich denn hinziehen? Wo ist es mir erlaubt zu wohnen in Berlin? Ich habe mir Neukoelln ausgesucht weil es billig war, am Kanal liegt und man im Altbau wohnen konnte (was ich vorher noch nie tat). Ich bin Student und finanziere mir mein Studium und Leben inzwischen selbst. Was glaubt Ihr denn was da rumkommt im Monat, bei Halbtagsjob in Berlin minus Miete? So sieht es aus! Und jetzt kommt hier einer und schreibt einen Hetzartikel. Oder kann der Autor die arbeitenden oder wenig Geld erhaltenden Studenten von den Reichen immer unterscheiden? Kennt er die Lebensläufe? Vielleicht sollten mal die wirklichen Probleme angesprochen werden, nämlich kein sozialer Wohnungsbau in allen deutschen Städten und Ausverkauf der vorhandenen, anstatt hier das Ressentiment zu pflegen und zu verbreiten, das ohnehin schon 'Word on the street' ist! Man!

  • G
    Gert

    Mein Gott, dann sollen doch die achso gebeutelten Neuköllner "Ureinwohner" nach Marzahn ziehen, da wird so schnell nicht gentrifiziert :) Aber Spaß beiseite, dieses Gentrifizierungsgejammere von irgendwelchen zugezogenen schwäbischen oder sonst woher stammenden Landeiern geht einem auf den Keks. Dit is Berlin, Langer und nicht dein Kuhdorf

  • AS
    Annen senin

    Die in diesem Land sich gegenseitig schockenden Kulturen sind ja mal so was von Klassenkulturen. Der Anzugträger Sarrazin hackt mit einer blinden Wut auf alle Armen ein, die an sozialer Gerechtigkeit grenzt.

     

    Die kulturellen Gräben zwischen Schischa-Bar und Hipsterkneipe sind tiefer als die Unterschiede zwischen Männercafé und Herthakneipe.

  • KT
    Katja Taube

    Ich wurde früher in der Schule ausgelacht, weil ich aus Neukölln komme und immernoch dort wohne. Und heute sehe ich eben jene Personen in (mittlerweile) überteuerte Wohnungen ziehen.

    Bin gerade wieder auf Wohnungssuche-wieder in Neukölln- und die überfüllten Wohnungsbesichtigungen sind ein schlechter Witz.

    Wer mal zu viel Zeit hat sehe sich bitte die Wohnungsangebote auf den bekannten Plattformen an- Schöne Beispiel Reuterstraße (!), 1. Stock (!!), 60qm, 700€ warm-mir bleibt die Spucke weg!

  • L
    Lazarus

    Das Herumgeunke bringt doch nichts. Ja, die Mieten steigen, ja, Gentrifizierung vertreibt Bevölkerungsschichten. Aber wie bereits gesagt wurde, ist der Begriff ein neuerer, das Phänomen allerdings ein alter Hut. Als zugezogener Neuköllner mit badischem Migrationshintergrund und Tannenzäpflegestählter Kehle betrachte ich diesen Prozess durchaus differenziert. Dennoch geht der Großteil der Kritik am Inhalt des Artikels vorbei. Als aufhaltenswert wird ja nicht der Zuzug finanziell starker Bevölkerungsgruppen oder die Ausweitung des kulturellen Angebots beschrieben, sondern im Gegenteil die Planierung mit Einheitshipjoints. Tatsächlich sind etwa hier im Schillerkiez die neueröffneten Galerien/Cafés/Bars weder kreativ noch auf BWLer in Prekariats-Tourismus-Laune ausgelegt. Man fühlt sich dort eher in die eigene Pubertät zurückversetzt. Die Eltern sind im Urlaub und wir machen ne Sause mit Billigbier und Hormoncanapés. Das alles hinterlegt mit den einschmeichelnden Erkennungsmelodien der postabituriellen Spaßkultur (Amélie-Soundtrack, Deutschfolk, Götz Widmann, Jan Vetter etc.) Und das, da stimme ich Herrn Meinhold vorbehaltlos zu, ist unspannend. Allerdings bin ich guter Hoffnung. Der Welle unreflektierter Hipsters wird eine Reihe von anderen Wellen folgen. Prenzelberg ist ungleich Friedrichshain-Süd ist ungleich Kreuzberg. Auch Neukölln wird eine ganz eigene Entwicklung durchmachen, mit noch ungeahnten Resultaten.

  • C
    Chris

    Schön, Schwäbin, dass du Abitur hast. Aber es tut hier wirklich nichts zur Sache und ist mindestens so überflüssig wie deine Kommentare.

    Du wohnst also nicht in Berlin? Ach schön! Wie kommt es dann, dass du meinst so gut bescheid zu wissen? Auch schon mal in Berlin gewesen? Toll!

     

    Leider weisst du offenbar gar nichts über Berlin und die Gentrifizierung hier. Weder Friedrichshain, Mitte, Kreuzberg oder Prenzlauer Berg sind wieder zu "Löchern" geworden, sondern teilweise sehr teure Viertel geworden und geblieben.

     

    Und auch hier gilt wieder:

    Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten!

     

    Niemandem geht es hier um angestaubte Traditionen oder faschistoides Gewäsch á la Neukölln den Neuköllnern. Keiner fährt hier einen Heimatfilm. Es geht lediglich darum, ein Viertel nicht zu einer Klassenfahrts-Seifenblasen-Touri-Hölle aufzublasen, wie den Südkiez von Friedrichshain, oder zu einem Besserverdiener-Ghetto wie den Prenzlauer Berg, sondern lebenswert und bezahlbar für die zu erhalten, die dort schon lange leben und trotzdem offen für neue Bewohner zu bleiben.

    Das geht. Im Augenblick ist es im Reuterkiez noch sehr nett. Ich will aber nicht wissen, was passieren würde, wenn sämtliche egoistisch-arroganten Kommentatoren hier nebst Entourage einfallen.

  • M
    martin

    Schön übrigens wer sich hier alles so angegriffen fühlt. Ich würde sagen, Ziel erreicht. Volltreffer, Herr Meinhold!

  • M
    martin

    Es ist schon traurig, wer den Artikel alles so kommentiert, ohne die Situation nur im Ansatz einschätzen zu können. Ich wohne mitten im Reuterkiez und kann jeden einzelnen Satz nur bestätigen. Treffender und passender hätte es nicht sein können! Vielen Dank!

  • W
    Wikipedia

    Die Umbenennung von „Rixdorf“ zu „Neukölln“ erfolgte mit Zustimmung von Kaiser Wilhelm II. an dessen 53. Geburtstag am 27. Januar 1912[1] und wurde von den Behörden deshalb beschlossen, weil Rixdorf mittlerweile für die Berliner zum Inbegriff frivoler Unterhaltung geworden war, der damalige – und zum Teil noch heute – populäre Gassenhauer „In Rixdorf ist Musike“ bringt das zum Ausdruck. Das negative Image für den Ort sollte mit dem Namen abgestreift werden.

  • J
    Jane

    Die Aufmachung, ein Teil des Inhalts und die Ausdrucksweise sind unangebracht oder schlicht und ergreifend falsch.

    Das ist jedoch kein Grund, den einen entscheidenden Punkt abzutun:

    Vor allem die Mieten in den Bezirken steigen schlagartig und enorm, nahezu über Nacht mal eben um 100€ oder mehr und im Gegensatz zu den Touristen bleiben diese Preise nicht nur zum feiern.

    Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen und liebe den dreckigen Großstadtcharme genauso wie die fremden Menschen aus aller Welt, auf die man hier treffen kann.

    Aber Menschen, die in bestimmten Bezirken leben, weil sie sich dort die Mieten leisten können, kostet der Szene-Tourismus ihr zuHause, denn ein Umzug ist teuer Geld, höhere Mieten müssen bezahlt und ggf. weitere Anfahrtswege zur Arbeit etc. in Kauf genommen werden.

    Einen Bezirk zu verschönern ist ein lobenswerter Gedanke, aber ein Bezirk besteht eben auch aus seinen Bewohnern und die rücksichtslosen Ansichten zu dem Thema lassen mich vollends an der Gesellschaft zweifeln. Wenn euch die Schicksale von Menschen egal sind, solltet ihr dazu stehen, dass euer Vergnügen vor dem Wohl eurer Mitmenschen kommt. Eure Eltern wären sicher wahnsinnig stolz.

    Reichen Mitte, Prenzlberg, F'hain, Kreuzberg & Co nicht mehr zum feiern? Evtl. fällt euch nochmal ein, dass die Menschen auch irgendwo leben müssen, also setzt eure "Kiez-Verschönerungsprojekte" doch nach dem feiern nüchtern in der Realität um.

  • EL
    Erwin Lindemann

    Wer ist denn eigentlich "alteingesessen"? "Murat" und "Ali" sind es nicht, die ganzen ~itzky sind es auch nicht. Berlin ist schon sehr merkwürdig, nach 40 Jahre Inseldasein ist man dort außergewöhnlich feindselig gegenüber Zugereisten. So etwas erlebt man sonst nur in irgendwelchen Kuhdörfern abseits der Zivilisation, für eine Großstadt ist das schon sehr merkwürdig und in Europa wohl einzigartig.

  • RA
    Rainer aus München

    Der größte Schwachsinn an dem Kommentar ist der Kommentator selber. wie kann man nur so haßerfüllt sein. Dem Kommentator scheint es ja auch darum zu gehen, den Beziksbürgermeister madig zu machen. In anderen Städten wird immer gelobt, wenn sich ein Stadtteil entwickelt, nur in Berlin versucht man alles schlecht zu machen.

  • R
    Reneze

    als ehemaliger Berliner kann ich nur sagen,daß die Entwicklung in den zentrumnahen Bezirken sein Gesicht verändert hat,und das zum Wohlwollen alljener,die sich es leisten können dort zu Leben.Es geht darum,daß sich soziale Strukturen so verändern,das Menschen,die dort einmal gelebt haben,es sich nicht mehr leisten können dort zu Leben,eine Entwicklung.die schon in den 90-iger Jahren begann,und sich nun Flächendeckend weiter ausbreitet....Meines Erachtens ist das ein Problem was nicht nur Berlin hat,sondern jede andere Grosstadt auf dieser Welt...ist noch nicht so lange her,daß der Innenminister und der ehemalige Berliner Bürgermeister nach New York reisten,um sich die ,Ihrer Ansicht- ."Cleanmachung" der ehem. Bronx vom Polizeipräsi in deren Gefolge anschauten,und das selbige mit Berliner "Problemkiezen" gelöst hat...Manchmal ist es gut aus der Geschichte zu lesen,einen entspannten Gruss in die grosse Stadt...

  • C
    Christian

    Was für ein Schwachsinn!

    Nicht, dass der Artikel nicht mit seiner Gentrifizierungsgeschichte ›recht‹ hätte, aber diese Grund-und-Boden-Traditions-Argumente auf das ehemalige »Arbeiterviertel« Neukölln anzuwenden… Jedes Viertel überall, bevor irgendwer dorthin gezogen ist, umgesiedelt wurde, ziehen musste… war irgendwie, es ist eine Verkennung des Begriffes »Tradition«, diese nur in einem Aspekt zu begreifen, selbst wenn es irgendwo nur Arbeiter gegeben hätte, wären diese schön blöd und schön faschistoid, nur unter sich bleiben zu wollen, Zuzug ist meistens etwas Positives, und dass nun der ›Partytourismus‹ in Berlin Züge annimmt, die unmenschlich sind, weil er tatsächlich viele Menschen verdrängt, die sich die Mieten nicht mehr leisten können, ist schlimm und beklagenswert; dass man dem aber so umgekehrt faschistoid begegnen muss, verstehe, wer will.

    Kreuzberg ist im Übrigen mindestens so »gebeutelt« wie Neukölln, nur eben schon länger und von anderen Leuten, die sich eben so wenig ›integrieren‹ können, will sagen: in die bereits vorhandene ›Integrations‹-Problematik. Und die Stadtteile funktionieren ja alle auf dem Ausschluss-Prinzip, jeder, der in einem solchen wohnt (»Echt?!«), wird gleich als jemand gesehen, der… – und somit ist es gar nicht ein Partytourismus, der umzieht, sondern sind es Repräsentations- und Subjektgenesemethoden, die sich die Hand geben und reichlich angestrengt versuchen, Land für sich und gegen andere zu gewinnen.

    Klar, Astra und Sternenburg (»Sterni«) sind schön günstig, aber dass sie gleich für Arbeiter stünden…?

    Außerdem gibt es tatsächlich ›Projekte‹ dort, die genau das verhindern wollen (und es eben doch tun), die vielleicht auch gar nicht als so negativ betrachtet werden sollten, weil man dadurch die Sprechweise über genau das Thema weiter erschwert…

    Berlin ist schon lange zu einem Konkurrenzkampf unter Darstellern geworden. Und das ist sehr traurig. Wie man das aber aufhalten sollte…? Jedenfalls nicht mit einem Artikel in der taz, der genau in die gleiche Kerbe schlägt, wenn auch gewollt von der anderen Richtung.

  • DS
    der Schwäbin

    Ach komm Chris, kein Trend hält lange. Neukölln wird schon wieder zum Loch werden, keine Angst!

     

    Meine eigentliche Kritik gilt den tollen, jungen, 'echten' Berlinern, die sich selbst einen Scheiß um Leute wie 'Horst D.' scheren, sondern Artikel wie diese nur verfassen, um mit ihrer Authentität zu protzen.

     

    [im Übrigen habe ich Abitur - was hier nichts zur Sache tut. Das hier aber schon: Ich wohne nicht in Berlin!]

  • P
    paul

    ey chris,

    willst ein museum eröffnen in dem du in neukölln leben kannst wie vor 2 jahren oder wie in den 80 er oder wie 1766 ...?

    reichtum für alle!

  • J
    Jan

    Also, deswegen finde ich Schöneberg so angenehm, es war nie total runtergekommen, wird deswegen wohl auch nie supercool werden.

    Schöneberg ist und war einfach immer angenehm unaufgeregt. Ätsch.

  • C
    Chris

    Zufällig arbeitete ich in meinem Blog am gleichen Thema, als ich auf diesen Artikel stiess. Ich konnte nicht umhin sowohl auf den Artikel, als auch auf die Kommentare einzugehen.

     

    Wer mag:

    http://oelindieflammen.wordpress.com/2010/01/25/sechs-jahre-neukolln/

  • C
    Chris

    Natürlich, Herr Schnitzel, freuen sich Ecks- und Stuben-Wirte über Leute, die ihre Rechnungen sofort bezahlen. Aber diese Leute sind Klassen-Touristen, die ein einziges mal einen solchen Laden betreten um die "Authentizität" zu erleben, die sie mit den, von ihnen gewünschten, Milchschaum-Höllen zerstören. Mit den einmal-im-Monat-Zahlern sind die Wirte bisher auch über die Runden gekommen.

    Das Problem ist, dass es kaum noch Ecks und Stuben gibt, in denen Menschen, die hier bestimmt nicht der Hipness wegen leben, ihre Molle trinken können. Die sind jetzt gezwungen ihr Bier und ihren Flachmann auf der Bank im Park zu trinken. Oder glaubt hier ernsthaft jemand, dass Horst D. (seit 50 Jahren hier wohnhaft, in prekärer Beschäftigung, Alkoholiker) im "Ä" als kreditwürdig gilt???

     

    Streng genommen gibt es kaum noch Kneipen im Kiez, die älter sind als 3 Jahre. Wo sollen denn die Leute hin, die seit 30 und mehr Jahren hier wohnen MÜSSEN? Die können sich die Gegend bald nicht mehr leisten. Sollen die, wie von "einer Schwäbin" gefordert, in ein Dorf im Osten ziehen und ihren gewohnten Lebensraum und ihr Umfeld verlassen, um "einer Schwäbin" mit mutmaßlich guter Ausbildung und gutem Job Platz zu machen?

     

    Und wenn Herr Schnitzel von "Maik und Murat" auf die Fresse bekommen sollte, hat er das seiner latent rassistischen Äusserungen und seines arroganten Klassen-Bewusstseins wegen, mehr als verdient!

  • I
    Ihr_Name_2

    im grunde genommen keine schlechte entwicklung. bringt ein wenig leben in die trostlosen hartzIV-bezirke. schickimickis werden sich da in großen zahlen eh nicht hin verirren, ist ihnen wahrscheinlich dann doch zu schmuddelig.

  • K
    Kiezbewohner

    Als ein aus Versehen Zugezogener kann ich dem Tenor des Artikels voll zustimmtn. Schade, dass die meisten Leute, die das aufgezeigte Party-Verhalten an den Tag legen, so uncool, unreflektiert und humorlos sind. Gentrifikation ist für die, die die Hunnis von ihren Eltern in den A.. geblasen bekommen und nach dem Studienende wieder aus der Stadt verschwinden, natürlich nur ein leerer Begriff. Für viele meiner Nachbarn ist das Realität.

  • Z
    zopfliese

    Was sind denn bitte "normale Menschen"? Die Definition dazu hätte ich gern.

    Und hört endlich auf Gentrifikation als neuartiges Phänomen zu erklären. Diese Prozesse wie Segregation und Gentrifikation sind so alt wie die Stadt an sich ,hat es schon immer gegeben und wird es auch immer geben. Je größer die Stadt, je dynamischer und schneller sind diese Prozesse. Wenn ihr damit nicht klar kommt dann sollte "die Stadt" nicht euer bevorzugter Lebensraum sein. Also: Hört auf zu heulen!

  • ES
    eine Schwäbin

    Ich denke, all diese 'echten Berliner' sollten mal wieder von ihrem Heimatfilm runter kommen. Wer Weltstadt sein will, darf sich über so etwas nicht beklagen. Wenn es wirklich so schlimm ist, zieht in ein Dorf im Osten - da ist eure ersehnte Armut bestimmt noch erhalten. Und tschüs.

  • N
    name

    uiuiui schlecht/gar nich recherchiert.... zitierte kneipen gibts nich mehr... aus nem antiquitäten/trash-laden wird eine monatliche veranstaltung...

    bravo taz

     

    kommentare zur sog 'gentrifizierung' erspar ich mir bis auf diesen kurzen einwurf: fanset/findet ihr tatsächlich 'verwahrloste' gegenden und 'soziale brennpunkte' toller, oder was ist euer problem daran, dass sich leute in einer gegend niederlassen und diese versuchen (nach ihren vorstellungen eben) etwas zu beleben und zu 'verschönern'?

  • ST
    Stephan Thomas

    Die vulgaerkritik der gentrifizierung ist exemplarisch fuer die vulgaerkritik des kapitalismus: kritisiert wird nicht, dass es nicht allen gut geht, sondern man greift die an, denen es nicht so schlecht geht, wie es die ma(s)o(ch)isten gerne haetten. Schwaben raus, neukoelln den neukoellnern, authentische armut fuer alle? Die deutsche eckkneipe mit ihrem ganzen elend aus autochtones reservat der rechtschaffenen armen? Astra-ploerre, maennerwitze und fussi-abend als beweis des sozialen status: seht her, auch ich fresse scheisse, ich gehoere zu euch, und mehr will ich gar nicht? Na wenn das die wahrheit ist...

  • N
    Niedermayer

    Das Kinski gibt es aber meines Wissens schon sehr lange.

    Aber was wollt ihr Berliner eigentlich? Wenn Berlin die "unglaublichste Stadt des Universums" ist kommen natürlich auch alle Spongos der Welt zum "feiern" angereist. Ihr könntet es euch ja auch in Castrop-Rauxel gemütlich machen und keinem Bescheid geben, dass es da jetzt cool ist und Berlin wieder mittelfristig seinen alt-eingesessenen Bewohnern überlassen. Wer sollen die überhaupt sein?

  • A
    Algermissen

    Eine großartige Betrachtung des Neoberliner Gentrifizierungswahns. Herzlichen Dank dafür!

  • B
    Bernhard

    Das soll die Wahrheit sein, armer Journalismus.

  • AS
    Albert Schnitzel

    Meinen Sie nicht, die Wirte der -Ecks und -Stuben freuen sich auch mal über Leute die ihre Rechnungen beim Ausschank begleichen und nicht einmal im Monat (wenn die Überweisung vom Sozialamt gekommen ist)? Und wo ist das Problem mit Leute die gerne feiern gehen? Die Leute hängen in ihren wohnzimmerartigen Cafés rum und haben Spaß? Gott bewahre Berlin vor soviel Zivilisation.

    Andere Städte wären glücklich wenn sie soviele Touristen anziehen könnten. Aber ist klar – die machen Maik, Murat und den Leuten denen sie auf die Fresse geben das schöne, authentische Kiez kaputt.

     

    Was ne scheisse, TAZ. Ich finde es schön das wenigstens Du noch richtig schön authentisch (quasi "berlinerisch") vollkommen bekloppt geblieben bist.

  • P
    paul

    ihr langweiler was bildet ihr euch ein nur weil ihr 3 semester vor mir angefangen habt euer tannezäpfle im wohnzimmer zu schlürfen seit ihr 3% cooler oder was... ?

    Gääääähhhhnnnnnn.....

  • H
    hedrik

    Danke, danke, danke. Perfekt getroffen!

  • I
    Ihr_Name

    Gut getroffen, leider.

     

    In Neukölln wimmelt es nur so von Hippstern, ich frage mich nur, wann die Partymeile sich auf die eher problematischen neuköllner Regionen erweitert und man plötzlich nicht mehr besonders willkommen ist - in Neukölln wohnen zum Glück größtenteils noch normale Menschen.