die wahrheit: Haltet die Steuerdiebe von Hannover!
Eine von voraussichtlich zwei Prophezeiungen vorweg: Der Tag wird kommen, an dem die kleine Großstadt Hannover offiziell gekürt wird …
… zur geheimen, gar okkulten Kapitale, welcher Spezies auch immer. Aber diese publikumswirksame Errungenschaft möge ihr bitte am Sankt-Nimmerleins-Tag unterlaufen. Falls es des anberaumten Wunschtermins zum Trotz eher eintritt, wird es jedoch weniger jenen zwei dort beheimateten Ikonen der Medienwelt geschuldet sein, die binnen einem Quartal einen Schwall von Blitzmeldungen, Ticker-Einblendungen und Titelseiten auslösten.
Weder Robert Enke noch Margot Käßmann also stehen allein Pate für die Anziehungskraft dieser Stadt, sondern eine Örtlichkeit, wie sie nirgendwo sonst auf diesem Planeten anzutreffen ist, sofern wir der obligaten Recherche in der weltweiten Wirrnis trauen dürfen: Steuerndieb heißt der geographische Flecken und die Lokalität. Es drängt sich geradezu auf, es zum Wallfahrtsort auszurufen.
Steuerndieb ist wie geschaffen als Treffpunkt für jene, die ihr Scherflein anonym in der Schweiz verwahrt haben. Etliche von ihnen zeigen zerknirschte Reue, geißeln sich, dass Erbarmen nottut. Beschämt möchten diese Gepeinigten Buße tun, zumal in der Fastenzeit. Steuerndieb heißt sie willkommen, reibt sich die Hände.
Erstmals erwähnt, sagt das Archiv, wurde Steuerndieb im Jahre 1392. Einst stand auf dem Terrain unter dieser Bezeichnung ein Warthaus der Landwehr, eines in der Reihe mehrerer Türme und Bauten rings um das Städtchen am Rande der norddeutschen Tiefebene. Seit 1850 wird der Wegesknick durch den Stadtwald gastronomisch genutzt, zweitens firmiert unter dem Namen neuerdings ein Senioren- und Pflegezentrum, außerdem ein Kosmetikstudio. Das Ensemble passt so perfekt, als sei es dafür erfunden.
Raffiniert wie immer habe ich nun meine Geschäftsidee patent- und urheberrechtlich eintragen und schützen lassen. Genau diesen magischen Platz erklären wir zu einem Domizil, wo die schuldbeladenen Steuersünder empfangen werden. Gramvoll kasteien sie sich mittels edlen Weines und eines erlesenen Sieben-Gänge-Menüs.
Anschließend reichen die benachbarten Einrichtungen wohltuende Essenzen anschmiegsamer Betreuung dar aus Wellness pur sowie Nail-and-Skin-Investement, wahlweise umgekehrt. Kurzum: Es wird ein Kurzreiseziel geschaffen, das in dieser leibhaftigen, historisch abgefederten Konkretheit ausschließlich hierorts zur Verfügung steht. Die Kosten sind selbstverständlich steuerlich absetzbar.
Die zweite wohlfeile Weissagung zum Schluss: Angenommen, die BRD wird ihrer mediendemokratischen Verfassung getreu bleiben; angenommen, dem Spiegel-Covergirl dieser Woche geschieht nichts Schwerwiegendes, wird bei der nächsten Bundestagswahl eine Spitzenkandidatin der Grünen mit Vornamen Margot und mit Nachnamen Käßmann heißen. Denn bis auf die akute Ausnahme im Auto mag sie es ausgesprochen gern, im Vordergrund abgelichtet zu werden.
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