piwik no script img

die wahrheitEin Verdauungsschnäpschen für die Leihmutter

Krisenbedingt habe ich einen Job als Leihmutter des vierten Kindes von Sarah Jessica Parker und Matthew Broderick angenommen.

Das war weit weniger Aufwand, als ich erwartet hatte: Nach der Kontaktaufnahme haben Sarah, Matthew und ich kurz geskypt - man will ja genau wissen, wer einem das Kind austrägt -, und ich musste ihnen nicht mal verschweigen, dass ich bereits jenseits der 40 angekommen und gern mal ein Weinchen, Bierchen, Cocktailchen oder Verdauungsschnäpschen sowie, nur abends beim Ausgehen, auch das eine oder andere Zigarettchen konsumiere. Richtig gut gefallen hat ihr nämlich mein Interesse an Mode.

Der Facharzt mit der Spritze und Sarahs Gastgeschenk besuchte mich eine Woche später, und jetzt sitze ich hier gemütlich im Gucci-Umstandshängerchen, balanciere einen "Manhattan" auf dem Bauch und muss mich um nichts mehr kümmern. Ich hoffe, dass ich weiterempfohlen werde. Sarahs beste Freundin Kim Catrall ist ja auch nicht mehr die Jüngste, und mir macht das wirklich nichts aus, ich tus gern.

Es gibt so viele blödere Jobs, zum Beispiel den am Kundentelefon von "Deutschlands größtem Männerspielplatz", einer brandenburgischen "Panzer Fun Fahrschule". Immer noch kann ich die Preise hinunterbeten: "30 Minuten BMP Schützenpanzer 136,- Euro, 30 Minuten T55 Bergepanzer 140,- Euro für Selbstfahrer, Gutschein Panzer Love Spezial inklusive Übernachtung im Wellness-Hotel, Candle Light Dinner und NVA-Gasmasken-Nutzung 239,- Euro". Das war vielleicht öde. Weil man in der Panzer-Fun-Fahrschule meine literarischen Qualitäten erkannte, durfte ich immerhin bald die Werbebroschüren für die Zweigstelle in Polen gestalten: "Feuer frei! Brechen Sie mit dem Schützenpanzer durchs Unterholz, pflügen Sie mit dem Bergepanzer Ihr Lieblingsmuster in Wiesen und Äcker oder erschrecken Sie mit dem Radpanzer die Landbevölkerung. Dabei sind Sie nicht zu stoppen: Denn einen Panzer in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!"

Besonders stolz bin ich auf den Reim am Ende, obwohl ich ihn ursprünglich anders getextet hatte, historisch etwas korrekter. Die von der Panzerfahrschule waren richtig traurig, als ich ihnen vom Leihmuttijob erzählte. "Musst du dafür wirklich hier aufhören?", fragte der Seniorchef, und daran, wie er sich die Schrapnellnarbe kratzte, merkte ich, dass es ihm naheging.

Noch blöder als der Panzerjob war mein Pferdeäpfelentsorgungstütengeschäft, mit dem ich mich kurz vorher selbstständig machen wollte. Es gab zwar einen satten Gründerinnenkredit aus dem Hauptstadtfonds, denn man muss ja nur mal kurz um das Brandenburger Tor mit seinen vielen Touri-Pferdekutschen herumschnüffeln, dann weiß man, woher der Wind weht. Aber ich hatte die Rechnung ohne die Kutscher gemacht: Mit der albernen Begründung, die mitgelieferte Kotzange sei zu klein, weigerten sie sich, die kompostierfähigen Tüten zu benutzen. Viele der Öko-Beutel sind nun im Bioladen gelandet. Die Zangen habe ich als Obstsalatbesteck an meine Freunde verschenkt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!