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die wahrheitDas gute alte Sommerlochmonster

Das Sommerloch hat seinen zuverlässigsten Boten geschickt: das Ungeheuer von Loch Ness. Nein, Nessie ist nicht aufgetaucht, wohl aber der seit 20 Jahren schwelende Streit ...

... zwischen den beiden Loch-Ness-Moerausstellungen. In Drumnadrochit, einem kleinen Ort an der Mündung des Ness, betreiben die Familien Bremner und Skinner zwei Ausstellungen und leben vom Ungeheuer.

Die eine heißt "Official Loch Ness Monster Exhibition", sie wurde vor 30 Jahren von den Bremners eröffnet. Die andere, das "Original Loch Ness Monster Visitor Centre" der Skinners, gibt es seit 1987. Beide Gebäude liegen keine 100 Meter voneinander entfernt. Die Bremners behaupten, die Skinners verwirrten Touristen absichtlich, um sie zu ihrer minderwertigen Nessie-Ausstellung zu locken: Sie hätten ihr Gebäude in den gleichen Farben angestrichen, und ihre Broschüre habe das gleiche Design. Außerdem sollen sie auf die Hinweistafeln der Bremners einen Pfeil geklebt haben, der zu ihrer Ausstellung weise. Die Skinners räumen ein, dass tatsächlich ein Pfeil auf dem Schild klebte, aber der sei von Unbekannten angebracht worden - möglicherweise von Nessie?

Bei dem Streit geht es um 1,3 Millionen Pfund. So viel ist das Tier allemal wert. Erstmals ist es im Jahr 565 aufgetaucht, als es einen Mönch angriff, der im See badete. Der heilige Columban, zu dessen Gefolgschaft der Mönch gehörte, bekreuzigte sich geschwind, und Nessie suchte das Weite. Jahrhundertelang ließ sich das Ungeheuer danach nicht mehr blicken.

1933 tauchte es wieder auf - ausgerechnet vor John Mackay und seiner Frau, denen das Drumnadrochit-Hotel damals gehörte. Es dauerte aber noch ein Jahr, bis es gelang, ein Foto von Nessie zu schießen: Oberstleutnant Robert Wilson, ein Gynäkologe, machte das berühmte, unscharfe Bild vom Ungeheuer am 19. April 1934. Erst 60 Jahre später wurde es als Schabernack des Oberstleutnants entlarvt.

1940 mischte sich Joseph Goebbels in die Diskussion um Nessie ein. Eine Nation, so sagte der Nazi-Propagandaminister, die an solchen Quatsch glaube, sei so ungeheuerlich dämlich, dass sie keinesfalls den Krieg gewinnen könne. Ein Jahr später berichtete die italienische Faschistenzeitung Popolo dItalia, dass mutige italienische Kampfflieger eine Bombe über Loch Ness abgeworfen und das Ungeheuer getötet hätten. Seitdem suchen sie es mit Sonden und Ein-Mann-U-Booten, aber weil Loch Ness stellenweise 300 Meter tief ist und mehr Wasser enthält, als alle anderen britischen Seen zusammen, kann sich Nessie gut verstecken.

Vorige Woche haben die Bremners und die Skinners ihren Streit beigelegt: Die einen benannten ihre Ausstellung in "Loch Ness Centre and Exhibition" um, die andere heißt nun "Nessieland Castle Monster Centre". Das Ungeheuer ist leider gutmütig: Ein Schlag mit seiner Schwanzflosse, und die beiden Zentren würden in der Tiefe des Sees verschwinden. Das würde die Besucherzahlen in Drumnadrochit verzehnfachen, aber die beiden Monsterausbeuterfamilien hätten nichts mehr davon.

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