die wahrheit: Im Jahr des Tigers: Funkelnder ferner Osten

Deutschsprachige Literatur über China gibt es tonnenweise. Es gibt auch ein paar ganz gute Reisebeschreibungen...

... Doch selten habe ich ein Chinareisebuch – das allerdings zur Hälfte auch in Korea und Japan spielt – so verschlungen wie "Funkelnder Ferner Osten!" von Richard Katz. Das liegt nicht nur an dem eleganten, pointierten Stil, den der Autor pflegt.

Katz ist auch ein genauer Beobachter, der sich weniger mit den großen Sehenswürdigkeiten des bereisten Landes aufhält, sondern einfach vom Reisen selbst und dem Alltag der Bewohner erzählt: Über gefakte Produkte in Hongkong, Staub in Peking, die Deutschen im Land, peinliche Stuhlproben oder die Begeisterung, mit der sich die Chinesen einzumauern pflegen: "eine wahre Mauer-Manie steckt in diesem Volk".

Seine Schilderungen sind auch deshalb so präzise, weil er bewusst langsam reiste; für seine Tour durch die drei asiatischen Länder nahm sich Richard Katz ein ganzes Jahr Zeit. Eine Reisemethode, die ich nur empfehlen kann.

So liest sich Katzens Buch zeitweise wie eine Mischung aus "Allein unter 1,3 Milliarden" und "Bliefe von dlüben", also so, als hätte ich es selbst geschrieben. Das kann nun gar nicht sein, denn ich erfreue mich bester Gesundheit, während Katz, 1888 in Prag geboren, 1968 verschieden ist. "Funkelnder Ferner Osten!" ist sogar bereits 1931 erschienen, bei Ullstein in Berlin. Die Startauflage war sehr hoch, denn zwischen den beiden Weltkriegen war Richard Katz der erfolgreichste Reiseschriftsteller deutscher Sprache.

Auch Kurt Tucholsky war seinerzeit von Katz begeistert. In der Vossischen Zeitung lobte er 1927 dessen gerade erschienenes Weltreisebuch "Ein Bummel um die Welt". Tucholsky preist des Autors "Schnoddrigkeit", seinen "common sense" und dass er "von den Engländern und Amerikanern den trocken-bunten Ton der Schilderung geerbt hat". Allerdings übersah der Rezensent auch ein paar Details, die einen Katzens Bücher heute nicht mehr uneingeschränkt empfehlen lassen.

Zwar ließ sein besonders in "Bummel durch die Welt" gegenüber "farbigen Völkern" und insbesondere "Mischlingen" an den Tag gelegter Rassismus im Verlauf des Reisens etwas nach, und immer wieder äußert er sich auch dezidiert antikolonialistisch. Doch ganz schafft Katz es nicht, sich von seinen Vorurteilen zu befreien. Zudem sind sein antiamerikanischer Furor und seine Zivilisationsverachtung oft nur schwer erträglich.

Tragisch ist, dass Katz kurze Zeit nachdem er "Funkelnder Ferner Osten!" verfasst hatte, selbst Opfer eines bösartigen Rassismus wurde. Weil er jüdischer Abstammung war, war er 1933 gezwungen, in die Schweiz zu emigrieren; von hier aus musste er 1941 weiter nach Brasilien fliehen. Damit war er auch als beliebtester Reisebuchautor der Deutschen erledigt; angeblich wurden seine Bücher von den Nazis sogar verbrannt. Ein Grund mehr, Richard Katz heute wieder zu lesen. Das ist gar nicht schwierig, denn "Funkelnder Ferner Osten!" findet sich überraschend häufig in so manchem Antiquariat.

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