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die wahrheitOst-Sachsen auf Raucherjagd

Die Polizei in der ostenglischen Grafschaft Essex hat sich darauf spezialisiert, sich zum Narren zu machen ...

... Voriges Jahr hatte sie 20 stämmige Polizisten aus Pappe in der Nähe von Kneipen, Geschäften und Tankstellen aufgestellt, um Rowdys und Verbrecher abzuschrecken. Es war ein kompletter Misserfolg. Die Pappkameraden waren nicht nur schon von Weitem als Attrappen zu erkennen, sondern sie wurden darüber hinaus reihenweise geklaut, so dass die Polizei den Versuch stillschweigend einstellte.

Jetzt hat man in Essex, was im Altenglischen "Ost-Sachsen" bedeutet, eine neue Methode ausgeheckt, Steuergelder zu vergeuden. Seit Anfang des Monats sind mobile Kontrolleinheiten unterwegs, um Autofahrer aufzuspüren, die in ihren Dienstwagen rauchen. Wer erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe von 200 Pfund rechnen und gilt als vorbestraft. Dabei muss man gar nicht auf frischer Tat ertappt werden: Die Schnüffler überprüfen die Aschenbecher auf Indizien. Für eine Strafe reicht es auch, wenn es im Auto nach Rauch riecht. John OConnell vom Verband der Steuerzahler sagte: "Wir wollen, dass die Polizei Verbrechen verhütet - und nicht Straßensperren errichtet, um einen Klempner hereinzulegen, der eine Zigarette raucht." Für die Arbeitgeber kann die Sache noch teurer werden. Haben sie vergessen, den Aschenbecher zu entfernen und ein Rauchverbotsschild ans Armaturenbrett zu kleben, müssen sie bis zu tausend Pfund Strafe zahlen. Sie sind außerdem verpflichtet, Schulungskurse für die Angestellten anzubieten, damit die das Gesetz verstehen. Kann man denn ein Rauchverbotsgesetz missverstehen? Am Mittwoch müssen sich die rauchenden Dienstwagenfahrer besonders in Acht nehmen. Es ist nationaler Nichtrauchertag, und die uniformierten Ost-Sachsen haben sich vorgenommen, an diesem Tag besonders viele Sünder zu fangen.

Möglicherweise bekommen sie bald noch mehr zu tun. Ärzte vom Royal College of Physicians fordern ein generelles Rauchverbot im Auto. In einigen US-Staaten hat sich das bereits durchgesetzt. Dort gilt Rauchen am Steuer ebenso wie laute Musik, Lesen von Landkarten, Einstellen eines Radiosenders und Streiten mit den Passagieren als Ablenkung und ist untersagt. Das ist aber bloß der Anfang. Man hat sich ja an die Schilder in Hotelzimmern gewöhnt, auf denen Raucher gewarnt werden, dass das Hotel auf ihre Kosten abgerissen und mit desinfizierten Ziegelsteinen neu aufgebaut werden müsse, falls sie sich nicht beherrschen können. Wenn es nach den englischen Quacksalbern geht, würde das Rauchen auch in öffentlichen Parkanlagen und in Privatwohnungen verboten. Für den ärmeren Teil der Bevölkerung, der sich keine Eigentumswohnung leisten kann, ist Letzteres bereits Realität: Nur sieben Prozent der Vermieter gestatten das Rauchen in der Wohnung.

Ein Jake schrieb in seinem Blog: "Dass wir den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben, hat die Naziherrschaft in Großbritannien also lediglich um ein paar Jahrzehnte verzögert. England ist offiziell ein Polizeistaat."

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13 Kommentare

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  • V
    vorgedacht

    Man sollte außerdem Süßgetränke wie Cola und fettiges Essen verbieten. auch diese haben keinen nutzen, man kann genauso gut Wasser trinken und Salat essen... absoluter Quatsch. Ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und von mir aus auch in Kneipen/Bierzelten kann man mit der Gesundheit der anderen rechtfertigen. Warum es in manchen Ländern verboten ist, in abgetrennten Räumen (die auch streng reguliert werden können, zB Ausschankraum muss Nichtraucherbereich sein, Getränke können zum Schutz der Mitarbeiter nur in Nichtraucherräumen bestellt werden und müssen vom Gast in den Raucherraum gebracht werden) zu Rauchen und warum in Städten/Orten in denen es bereits reine Nichtraucherkneipen gibt, keine Raucherkneipen geben darf, bleibt mir absolut unklar. Rauchverbote in Wohnungen greifen zutiefst in Private Freiheit und Individuelle Freiheit ein. Zumindest in seinen eigenen vier Wänden sollte es jedem erwachsenen Menschen selbst überlassen sein, was er tut und was nicht, so lange er niemanden stört(Lärm und sonstige Emissionen). Es kann mir niemand erzählen, dass man seine Nachbarn gesundheitlich beeinträchtigt, wenn man in seiner eigenen Wohnung raucht. Ich persönlich finde sogar, dass man Erwachsenen, zurechnungsfähigen Menschen nicht verbieten kann, was er konsumieren soll und was nicht. Es muss über alle Risiken von unabhängigen Institutionen ohne Panikmache aufgeklärt werden, die Nutzen/Schaden-Überlegung sollte jedem selber überlassen werden, anstatt andere entscheiden zu lassen was gut für einen ist. Denke aber, dass Hinter dem Verbot von Drogen auch eine wirtschaftliche Motivation steckt um die Produktivität der Gesellschaft zu steigern. Da der Alkohol in Europa derart kulturell verankert ist, scheint es nicht möglich diesen zu verbieten ohne einen Aufruhr des Volkes zu gefährden. Allerdings sehe ich keinen Grund warum zB Marihuana verboten ist, Alkohol aber erlaubt und in sämtlichen Massenmedien beworben werden darf. Das Alkohol im Gegenteil zu den illegalen Drogen nicht ausschließlich zum Rausch, sondern auch zum Genuss konsumiert wird ist reine Blenderei. Wenn man es ehrlich meinen würde, müsste man im Umkehrschluss die Alkoholsteuer um ein Vielfaches anheben, da man zum reinen Genuss zB sicherlich nie mehr als 1-2 Liter Bier konsumieren würde. Dem mündigen Bürger werden Pflichten aufgedrückt, seine Freiheiten werden aber immer mehr beschnitten.

  • W
    wuff

    @Horst: gelebt hat man ja nur, wenn man geraucht hat. Nichtraucher leben nicht.

     

    @Dampflok: interessante Gleichsetzung von Alkohol (der Profi-mäßig "Alk" genannt wird), Rauchen und Sex

     

    Ob ein von einem betrunkenen Autofahrer totgefahrenes Kind wohl jemals gelebt hat?

  • K
    Kaiserschmarrn

    Mal angenommen, es würden Waffen, Alkohol, Motorräder, Hunde, Rauchen, DSDS, Bild und Autos verboten: ich würde keinen Unterschied merken, da ich mit nichts davon jemals etwas zu tun hatte. Und ich bin ein glücklicher Mensch. Mir ist natürlich klar, daß andere damit ihres gesamten Lebensinhalts beraubt würden.

  • C
    Conny

    Motorraeder zu verbieten waere mein Wunsch. Die Krachmaschinen werden fast ausschliesslich fuer unnoetige Freizeitfahrten genutzt und versauen allen anderen die Ruhe. Massenhaft Unfaelle, die Helmtraeger werden auf meine Kosten zusammengeflickt. Mein Blutdruck steigt vor Wut ueber die bloeden Dinger.

     

    Stadtkoeter auch, ueberall Kacke. Was man da alles kriegen kann. Hepatitis, Wuermer, auf jeden Fall aber Ekel-Herpes.

  • D
    Dampflok

    @Marco: Nee, is klar.

    Dann freu dich über die vielen Verbote, irgendwann verbieten die auch etwas, dass dir lieb ist.

    Glühbirnen, Alk, Sex sind irgendwann Geschichte - bald laufen wir alle mit gelben Mützen rum und gehen ins Kloster.

  • H
    Horst

    100% der Menschen sterben an den Folgen des Lebens.

    Auch die die nie gelebt haben.

  • JM
    Jürgen Marischka

    ich bin ein friedliebender bayerischer raucher und halte mich „zum wohle der volksgesundheit“ (O-Ton: Frankenberger) an dieses schwachsinnsgesetz und rauche nicht in der kneipe, sprich- ich war seit mitte oktober 2010 nicht unterwegs.

    „Raucher verlangen Toleranz und Freiheit für ihr rücksichtsloses Verhalten.“

    - als es noch die raucherclubs gab, hab ich nur dort geraucht.

    „Bevor sie dies für sich selbst fordern, sollten Raucher erstmal selbst so tolerant sein und die Freiheit anderer achten.“

    das mache ich ab jetzt, walter, ich freue mich auf die biergartensaison!

    jetzt sei du auch mal tolerant:

    deine freiheit ist seit dem volksbegehren IN der kneipe --- viel spass im dunkeln.

    ein-, zwei dicke, stinkende zigarren habe ich ab jetzt immer bei mir.

    vielleicht treffen wir uns ja mal ...

  • M
    MundM

    Hoffentlich wird das Kleinhirn immer kleiner und das Großhirn immer größer und die Leute, die ihr Kleinhirnverhalten mit Großhirnargumenten rechtfertigen wollen, immer weniger.

  • M
    Marco

    @ Isi.. Autofahren hat einen Sinn. Man transportiert Gegenstände, Waren, Güter und erbringt Dienstleistungen, kommt an schlecht erreichbare Orte. Das Auto macht die Menschen unabhängig und ein gesellschaftliches Zusammenleben erst möglich. Rauchen aber ist vollkommen sinnlos. Es erfüllt keinen Zweck und hat keinen einzigen Nutzen. Im Gegenteil, Rauchen verbreitet Elend nicht nur beim Raucher selber und dessen Familie, sondern auch bei unschuldigen anderen. Sachen wie Raucherhusten, Raucherbein, Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs bishin zu Missbildungen und Schäden bei Neugeborenen... darüber weiß jeder bescheid.

    Neben rund 140.000 Rauchen sterben jährlich allein in Deutschland 3300 unschuldige Nichtraucher an dem rücksichtslosen Verhalten der sturen Raucher. 70.000 bis 100.000 werden als Folge des Tabakkonsums (zb durch Herzinfarkt) jedes Jahr vorzeitig invalide. 50% der Raucher sterben an den Folgen des Rauchens.

    14 Milliarden Steuereinnahmen stehen Kosten von 40 Milliarden im Gesundheitssystem gegenüber. Auf rund 20 Milliarden werden die wirtschaftlichen Verluste von Arbeitgeben durch Zigarettenpausen, erhötes Krankheitsrisiko / Lohnfortzahlung im Krankheitsfall / Vertretung / Überstunden.. geschätzt

    Wie Sie schon sagen: Hirn einschalten.

  • SL
    Sam Lowry

    Nicht das ich selbst Kiffer wäre: Aber fällt die Verabreichung einer Naturheilpflanze mittels Inhalation zur Schmerzreduktion auch unter "Rauchen"?

    (übrigens: Alles, was bei mir irgendwann nach nikotingelb aussieht oder riecht, wird einfach mit rallye-schwarz überlackiert: Monitore, Tastaturen, Aschenbecher, Kaffeetassen, Zähne...)

  • I
    Isi

    @Walter: Ich rauche selbst nicht mehr, mir geht der Gestank auch auf die Nerven, allerdings kann ich dieses militante Nichtrauchergehabe überhaupt nicht leiden. Beachten Sie mit Ihrem Automobil bitte die Freiheit der Radfahrer und Fußgänger und sorgen Sie dafür, dass Ihr Fahrzeug keinen Gestank und keine gefährlichen Abgase herauspustet.

     

    Mann, Mann, Mann...Hirn einschalten hilft, zumindest manchmal.

  • W
    Walter

    Raucher wissen was sie tun, es steht auf jeder Zigarettenschachtel. Dass sie sich trotzdem mit einer überheblichen Selbstherrlichkeit über die berechtigten Interessen und Rechte anderer hinwegsetzen, rechtfertigt jede Art von Sanktion.

    Niemand sollte ohne seine ausdrückliche Zustimmung den Schadstoffen und dem Gestank der Raucher ausgesetzt sein. Nicht im Biergarten am Nachbartisch, nicht auf der Terrasse einer Eisdiele, nicht in der eigenen Nachbarwohnung, nicht an einer Haltestelle, nicht an den Eingängen von Einkaufscentern oder Discos. Nirgends!

    Raucher verlangen Toleranz und Freiheit für ihr rücksichtsloses Verhalten. Bevor sie dies für sich selbst fordern, sollten Raucher erstmal selbst so tolerant sein und die Freiheit anderer achten.

  • WN
    Werner Niedermeier

    Danke für diesen Artikel. Er zeigt, wohin die Hysterie führt, die von der WHO losgetreten wurde.