die taz zur h-bombe : Interview mit Edward Teller
taz: Herr Teller, Sie haben sich schon sehr früh für den Bau der Atombombe eingesetzt.
Wir mußten daran arbeiten, da hatte ich keine Zweifel. Die Atombombe war notwendig. Daß wir sie so früh hatten, war eine Folge der Nazis.
Ihr wahres Ziel aber war, die noch viel stärkere Wasserstoffbombe zu bauen.
Ja, ich war der einzige, der die Wasserstoffbombe befürwortete. Als Wissenschaftler konnte und wollte ich es nicht unterlassen, daß wir damit anfangen. Mir war bewußt, daß Stalin sich sagte: Wir werden sie haben. Wenn die Sowjetunion allein im Besitz der Wasserstoffbombe gewesen wäre, hätte das einen negativen Einfluß auf den Kalten Krieg gehabt.
Der Streit um die militärische Notwendigkeit von Hiroshima und Nagasaki hält auch jetzt, nach fast 50 Jahren, an. Vor kurzem erst hat US-Präsident Clinton die Abwürfe noch einmal gerechtfertigt.
Clinton sagt, daß die Kenntnisse, die der damalige Präsident Truman hatte, keine andere Wahl zuließen. Wir Wissenschaftler hätten eine Wahlmöglichkeit aufzeigen müssen. Das haben wir leider nicht getan. Wahrscheinlich ist, daß wir viel mehr Menschen gerettet als vernichtet haben. Aber das beantwortet nicht die Frage, ob es richtig war, die Bombe zu werfen. Die Wirkung der Atombombe in der Bucht von Tokio zu demonstrieren, so daß zehn Millionen Japaner es hätten sehen können, wäre besser gewesen. Mein Gefühl sagt: Es war falsch. Mein Gefühl kann sich aber täuschen. Wir Wissenschaftler müssen herausfinden, was geht und was nicht. Die Entscheidung, wie man mit dem Wissen umgeht, muß das Volk, müssen die Politiker treffen.
Interview: Wolfgang Löhr, 3. 8. 1995