die taz-empfehlung : Gegen die Multiplizierung der Mittelmäßigkeit
Das Erfrischende an Vladimir Vladimirovich Nabokov ist sein leidenschaftlicher Missmut, den er in Briefen und Vorlesungen vorbehaltlos der Welt mitgeteilt hat. Vielleicht ein Erbe seiner Herkunft als Sohn einer aristokratischen russischen Familie, die den Sprößling in einem Rolls-Roys zur Schule gebracht haben soll. Nabokov verließ sein Land nach der russischen Revolution und lehrte nach Stationen in Deutschland und Frankreich an amerikanischen Universitäten Literatur, bis er als freier Schriftsteller den Unterricht zu seiner Freude beenden konnte. Er war kein Mensch der Masse. „Nichts auf der Welt verabscheue ich mehr als kollektive Aktivität, diese öffentliche Badeanstalt, wo sich die Behaarten und die Glitschigen zu einer Multiplizierung der Mittelmäßigkeit treffen“, schrieb er 1959 an Stanley Kubrick.
Auch die Protagonisten seiner Romane und Erzählungen sind Einzelgänger: Künstler, versponnene Wissenschaftler, besessene Schachspieler und schließlich jener Humbert Humbert aus dem Roman „Lolita“, ein europäischer Literaturwissenschaftler, der sich in eine fatale Beziehung mit einer Zwölfjährigen stürzt. Der Text, der in den Vereinigten Staaten der 50er Jahre zunächst keinen Verleger fand, wurde in einem englischsprachigen Verlag in Paris veröffentlicht und avancierte nach einer euphorischen Kritik von Graham Greene zum Bestseller.
Auf die Spur Vladimir Nabokovs begibt sich heute der Theaterkritiker Bernd C. Sucher in der Reihe „Suchers Leidenschaften“. Aus Texten des Schriftstellers liest der Schauspieler Ulrich Matthes. GRÄ
heute, 20 Uhr, Hamburger Kammerspiele