die stimme der kritik: Betr.: Handys, Küssen und Essen
OPTIK, KRASS
Neue Medien sind interessant und zugleich innovativ. Sie verändern unsere Einstellungen. Während im letzten Jahrtausend jeder Astronaut, später auch gerne Künstler werden wollte, steht heute der Handyverkäufer hoch im Kurs. In italienischen Kindergärten malen die Kleinen vor allem Männer mit Handy. Früher hatten die Männer in Kinderbildern viel zu große Muskeln; nun haben sie viel zu große Handys. Am Kiosk des Strandbads am Müggelsee gibt es übrigens ein Schnellgericht, das „Handy“ heißt und entfernt an einen Hotdog erinnert. Voll optik! Oder einfach nur: optik! Optik sei dabei, das beliebte krass zu ersetzen, berichtet eine Freundin, die es von einem Bekannten, der Knastpsychologe ist, gehört hat.
Keine Ahnung, ob das stimmt, wäre aber schön, wenn es sich durchsetzen würde, wie der Webcamservice, den das Standesamt Münster seit einem Jahr seinen Kunden zur Verfügung stellt. 200 Paare haben bislang das Angebot angenommen. Die Heiratenden müssen nur aufpassen, dass sie sich auch 20 Sekunden lang küssen, weil die Webcam nur alle 20 Sekunden ein Bild ins Netz gibt, und es wäre ja schade, wenn die Welt den Kuss am Traualtar verpassen würde.
Küssen macht übrigens nicht nur glücklich, sondern auch gesund, berichtet die Münchner Zeitung Freundin Wellfit. Dies soll vor allem wegen des schönen Zeitschriftentitels notiert werden. Außerdem und entgegen anders lautenden Berichten macht Schokolade nicht fröhlich, wie eine britische Studie herausgefunden hat, die am Montag in der Times veröffentlicht wurde. Fast jeder Vierte der 550 Probanden gab an, gezuckertes Essen habe „den negativsten Effekt auf die allgemeine psychische Verfassung“. Zehn Prozent berichteten, dass ihnen auch Kaffee aufs Gemüt schlage. Gut weg kamen dagegen Bananen, von denen der Volksmund behauptet, dass sie lustig machen. Womit wir wieder in Berlin wären, denn Volker Hassemer, Ex-Kultursenator und Berlin-Werber, hat gerade in Warschau gesagt, dass die Menschen in Berlin „oft trauriger“ aussehen, „als es die Situation rechtfertigt. Daran arbeiten wir.“ Ich denke, „umgekehrt wird ein Schuh draus!“, wie es immer so hübsch in der konkret heißt. DETLEF KUHLBRODT
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