die steile these : Jeder vierte Deutsche!
Der klassische „Gelegenheitsleser“ stirbt aus? Ach Gottchen!
Laut einer Umfrage der Stiftung Lesen liest jeder vierte Deutsche keine Bücher. Keinen Homer, keine Ildikó von Kürthy, keine Joanne K. Rowling, keinen Hape Kerkeling, ja, nicht einmal ein „Lustiges Taschenbuch“ von Disney. Nix. Jeder verdammte vierte Angehörige unseres feinen Volkes der Dichter und Denker; von Lesern war da zwar nie die Rede, aber gut. Andererseits würde jeder vierte Deutsche einen chinesischen Wagen kaufen. Jeder vierte Deutsche fürchtet um sein Erspartes. Jeder vierte Deutsche erhält staatliche Hilfen. Jeder vierte Deutsche mag Russland nicht. Jeder vierte Deutsche ist ausländerfeindlich. Jeder vierte Deutsche würde sich einer Schönheitsoperation unterziehen. Jeder vierte Deutsche leidet unter seelischen Krankheiten. Jeder vierte Deutsche schützt sich nicht ausreichend vor der Sonne. Jeder vierte Deutsche würde per Handy shoppen, wenn er nur könnte. Jeder vierte Deutsche leidet unter Bluthochdruck. Jeder vierte Deutsche stirbt an Krebs.
Es hat, kurzum, jeder vierte Deutsche womöglich Besseres oder doch wenigstens Dringlicheres zu tun, als seine Zeit mit all dem Unsinn zu vertrödeln, der da traditionell zwischen zwei Buchseiten gepresst wird. Und ist es nicht eines jeden vierten Deutschen gutes Recht, sich anderweitig zu bilden oder berieseln zu lassen als mit „buchpreisverdächtig“ historisierenden Familiengeschichten oder anderem angeblich obligaten „Lesen!“-Ramsch hauptberuflicher Feinsinnigkeitsapostel? Jeder vierte Deutsche wird schon wissen, was er tut. Oder lässt. FRA