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die neue bahnreformVolldampf für die Kunden

Der Bahn gehen die Schienen verloren – das Bahnnetz soll künftig von einer bundeseigenen Gesellschaft geführt werden. Das heißt nicht, dass der ICE nun auf Feldwege ausweichen muss. Im Gegenteil: Was auf den ersten Blick absurd erscheint, macht tatsächlich gleich in mehrfacher Hinsicht Sinn.

Kommentarvon KLAUS HILLENBRAND

Von Konkurrenz auf der Schiene konnte man bisher zwar herrlich schwafeln, wirklich gleichberechtigt aber waren die private Bahn AG und ihre privaten Wettstreiter nie. Es ist ein Geburtsfehler der Bahnreform, einerseits freie Konkurrenz zu propagieren, andererseits aber einem der angeblichen Konkurrenten – der Bahn AG – alle Gleise zu schenken. Man kann es der Bahn gar nicht vorwerfen, dass sie daraus ihren Vorteil gezogen hat und andere Unternehmen mit überhöhten Trassenpreisen aufs Abstellgleis schickte. Nur: Das hat mit Konkurrenz nichts zu tun. Und ein besseres Verkehrsangebot ist so auch nicht zu haben.

Bahnchef Mehdorn mag dem Schienennetz nachweinen, weil er mit dessen Privatisierung in einem anderen Unternehmen nun wirklich Konkurrenz fürchten muss. Bahnfahrer dagegen dürfen sich freuen – zumal letztendlich auch die Bahn AG gewinnt, wenn sie die Gleise endlich los ist. Denn bisher ist sie als Eigentümerin des Netzes natürlich auch für dessen Instandhaltung zuständig. Es ist nur logisch, dass der Staat, der die Bahn bisher dafür mit Milliardensummen alimentierte, diese Verantwortung nun selbst übernimmt.

Viel wichtiger aber ist es, dass nun endlich eine saubere Trennung zwischen dem Verkehrsträger Bahn und der Infrastruktur Bahn geschaffen wird. Die Entscheidung, wo Züge fahren sollen, welche Region eine Autobahn erhält, wann ein Hafen ausgebaut wird, ist eine gesellschaftliche und damit staatliche Aufgabe. Weder hat man davon gehört, dass Autobahnen Lkw-Unternehmern überschrieben werden, noch dass der Rheinhafen der Köln-Düsseldorfer Schifffahrtsgesellschaft gehört. Nur die Bahn AG soll gleichzeitig Profit machen und auf der allerletzten Nebenstrecke Züge rollen lassen. Dass beides nicht möglich ist, hat Verkehrsminister Bodewig nun begriffen. Künftig entscheidet der Staat darüber, wo die Gleise ausgebessert oder abgewrackt werden: ein Gewinn an Demokratie. Und es ist nur recht und billig, wenn Lkw-Unternehmen, die bisher nur einen Bruchteil der anfallenden Kosten für von ihnen verursachte Straßenreparaturen abdrücken müssen, zur Kasse gebeten werden, damit Schienen wieder gerade liegen.

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