die moderne cdu – knüppeldick und liberal von HARTMUT EL KURDI :
Braunschweig ist demonstrationstechnisch eher eine Kuschelecke. In der mit 240.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Niedersachsens gab es noch nie richtige Straßenschlachten und noch nie hielt es eine Polizeiführung für nötig, Wasserwerfer einzusetzen. Hier wurde – bis auf wenige unrühmliche Ausnahmen – der Ball stets flach gehalten. Vor allem lag das an einem in anderen Bereichen durchaus ekligen und bräsigen SPD-Filz, der aber immerhin dafür sorgte, dass an entscheidenden Stellen Menschen saßen, die nicht ohne Not ihre demonstrierenden Nachbarn und Kinder in die Fresse hauen wollten.
Das ist jetzt anders: In Braunschweig regiert seit vier Jahren ein Oberbürgermeister, der seine Karriere einst als NPD-Studentenfunktionär begann, aber –karrieretechnisch klug – rechtzeitig in die CDU gewechselt ist. Und im Land führt die seit 2003 regierende Burschenschaftler-CDU vor allem einen lächerlichen Kulturkampf gegen die Leute, von denen sich die jetzigen Minister damals an der Uni wegen ihrer politischen Ansichten und ihrer doofen Klamotten gehänselt fühlten. Dabei beschränken sich die hannoverschen Rächer des RCDS nicht auf das feixende Absägen jedes nach „links“ riechenden Sozialprojektes, sondern zeigen auch im Bereich der physisch angewandten Staatsgewalt, wo ihr Knüppel hängt.
So auch am 18. Juni in Braunschweig, als – wie es nun mal in Braunschweig so ist – zu 98 Prozent unauffällige Bürger jeder Altersstufe auf die Straße gingen, vielleicht zweieinhalbtausend an der Zahl, um die NPD an einem Marsch durch die Stadt zu hindern. Die restlichen zwei Prozent bestanden aus ein paar angeheiterten Punks und einigen angereisten Antifas, die aber noch nicht einmal mit viel Propaganda-Elan als gewaltbereit eingestuft werden konnten. Normalerweise hätte man, wie es allerorten geschieht und früher auch in Braunschweig geschah, angesichts der massiven, friedlichen Sitzblockaden die genehmigte Nazi-Demonstration abbrechen und die Fleischmützenträger wieder nach Hause schicken müssen. Das war aber offensichtlich politisch nicht gewollt.
Stattdessen spielte die Polizei acht Stunden lang Krieg, bei circa 30 Grad im Schatten, mit Wasserwerfern, Hubschraubern und knapp 3.000 aus ganz Deutschland zusammengezogenen Beamten in kompletter Darth-Vader-Kampfmontur. Ohne dass sie angegriffen worden wäre. Während Leben und Verkehr in der Stadt kollabierten, knüppelten sie dem jämmerlichen Haufen aus Glatzen, NPD-Funktionären und Nazi-Kameradschaftlern brutal den Weg frei, ohne Rücksicht auf Verluste, schlugen dabei auf alles ein, was nicht bei null hinter der Absperrung war, egal ob Erwachsener, Schüler oder Passant, kesselten 250 Leute drei Stunden lang in glühender Hitze ein, spritzten die Straße frei, verhafteten kleine Teenies, knieten sich zu fünft auf verwirrte Punks und taten auch sonst alles, um der NPD das Gefühl zu geben, dass es dem Rechtsstaat auch ohne Nazi-Hilfe gelingt, sich abzuschaffen.
Nur gut, dass die Merkel-Wulff-Beust-CDU inzwischen so liberal ist, wie man ja zurzeit überall lesen darf. Wer weiß, was sonst noch alles passiert wäre …