die microsofte nähe : Parlament als Kommerztempel
Wenn Betriebsräte eines Großkonzerns wie Volkswagen sich in Brasilien bei teuren Huren einquartieren, dann ist das erst mal nichts Verbotenes. Anrüchig wird es aber, wenn die VW-Mitarbeiter sich das private Vergnügen aus der Kasse ihres Betriebs bezahlen lassen. Wenn sich ein Großkonzern wie Microsoft im Abgeordnetenhaus einmietet, dann ist auch das erst mal nichts Verbotenes. Anrüchig wird es aber, wenn die Politiker gerade prüfen, die aus öffentlichen Kassen finanzierten Aufträge an Microsoft zu stornieren.
KOMMENTAR von GEREON ASMUTH
Microsoft ist der weltweit agierende, gewinnorientierte Software-Gigant. Linux ist ein von einer weltweiten Programmierergemeinde entwickeltes, kostenloses Betriebssystem. Seit über einem Jahr bereits prüft der Senat im Auftrag des Parlaments, ob es nicht günstiger wäre, von Microsoft auf Linux umzustellen. Zu einem Ergebnis kommt er dennoch nicht. So weit die Fakten.
Niemand behauptet, dass die Präsenz des Computerriesen in der Lobby gegen die Regeln des Hauses verstoßen würde. Niemand behauptet, dass die Länge des Prüfprozesses irgendetwas mit der Microsoft-Fete im Parlament zu tun habe. Niemand wird sich jedoch wundern, wenn genau dieser Verdacht im Raum steht. Denn ein Konzern wie Microsoft handelt nicht uneigennützig, schon gar nicht wenn er wie ein Vertreter Kunden in deren Haus besucht.
Leider lassen es die Regeln des Hauses zu, dass das Parlament zu einer schnöden Messehalle, zu einem Tempel für den Kommerz verkommt. Es ist fatal, dass sich die Mehrheit der Politiker auf diese laxen Regeln beruft, statt sie umgehend zu ändern. Sie sollten ein dringendes Interesse daran haben, jeden Hauch von schlechtem Beigeschmack zu vermeiden.