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Archiv-Artikel

die energiekonzerne beschädigen das vertrauen in die politik Das Spiel mit den Restlaufzeiten

Wieder hat die Atomwirtschaft eine Finte gelegt. Der erhoffte „Ringtausch“ von Stromkontingenten funktioniert einfach nicht, da ist das Atomgesetz vor. Und vor der Umgehung des Atomgesetzes schützt glücklicherweise das Bürgerliche Gesetzbuch. Das dürfte auch jenen klar sein, die noch auf längere Laufzeiten ihrer Reaktoren hoffen.

Bleibt die Frage, warum die Konzerne trotzdem ihre Geschichten streuen. Ganz einfach: Weil es ihnen ganz gelegen kommt, wenn sich der Eindruck festigt, der Ausstieg sei doch nicht so sicher wie bisher gedacht. So macht man Stimmung. Nur: Ob die Strategie aufgeht, ist fraglich. Denn bei genauem Hinsehen offenbaren die subtilen Angriffe der Stromkonzerne auf den Atomausstieg nur ihre eigene Schizophrenie. Schließlich haben diese Konzerne den Atomkonsens höchstselbst mit der Regierung Schröder ausgehandelt. Und sie haben sich beileibe nicht über den Tisch ziehen lassen. Dass sie den Beschluss nun systematisch zu demontieren versuchen, spricht nicht gerade für die Seriosität der Branche.

Und die Politik? Sie tut gut daran, diesen Konsens zu verteidigen. Nicht nur aufgrund der Risiken dieser Kamikaze-Technologie, sondern auch aus grundsätzlichen Überlegungen zur politischen Kultur. Denn der Atomausstieg ist in der Tat ein gesamtgesellschaftlicher Kompromiss. Manchem geht der Abschied von der Risikotechnik zu langsam, andere wollten den Ausstieg überhaupt nicht – und so traf man sich schließlich in der politischen Mitte. Wer daran im Nachhinein zu drehen versucht, zerstört Vertrauen in die Politik.

Zumal es keine neuen Erkenntnisse gibt, die ein Aufweichen des Ausstiegs nahe legen könnten. Im Gegenteil. Die erneuerbaren Energien haben seit dem Jahr 2000 eine Entwicklung genommen, die damals allenfalls Optimisten erwarten konnten.

Im Jahr 2006 werden Sonne, Wind und Wasserkraft sowie die Biomasse in Deutschland rund 35 Milliarden Kilowattstunden mehr erzeugen als noch im Jahr 2000. Diese Menge alleine ersetzt vier Reaktoren. Fazit: Stromkonzerne, vergesst endlich eure Atomkraft! BERNWARD JANZING