die anderen:
Die französische Le Monde meint zum deutschen Atomausstieg: Welche Energie werden wir morgen in Europa haben? In diesem Punkt hat Deutschland noch nicht auf die Fragen geantwortet, die sich stellen. Das Land, das um zwei Drittel mehr Kohlendioxid pro Einwohner in die Atmosphäre freisetzt als das größere Frankreich, wählt den Treibhauseffekt gegen die atomaren Risiken. Deutschland ist damit mehr den Preisschwankungen von Öl und Gas ausgesetzt und vor allem abhängiger vom französischen Atomstrom.
Die Neue Zürcher Zeitung zum Atomausstieg: Die Modalitäten von Schröders Abkommen zeigen, dass von einem „Ausstieg“ kaum die Rede sein kann. Man kann im besten Falle von einem gestaffelten Auslaufenlassen der bestehenden Kernkraftwerke sprechen. Fast hat man das Gefühl, als seien hier wichtige Fragen nur ein bisschen beantwortet worden, um Manövrierraum für spätere Neueinschätzungen freizuhalten. Was wäre (nur als Beispiel), wenn in zwei Jahren die Grünen den Sprung in den Bundestag nicht mehr schaffen sollten? Und was, wenn sich die Situation um die Treibhausgase und die Klimaerwärmung verschärfte? Wenn es also gut wäre, man könnte die Reaktoren noch ein wenig länger am Laufen halten? Es scheint, als lasse der Atomkonsens genug Lücken, um Antworten auf diese Fragen zu finden. Und das wäre dann mal wieder eine Lösung à la Schröder: ein Ausstieg und doch keiner.
Den Atomausstieg feiert die römische Zeitung La Repubblica als „Sieg der Vernunft“: Es war also doch kein Kampf der Rückständigkeit, kein Kampf einer Minderheit, kein verlorener Kampf, den seinerzeit, 1987, auch die italienischen Umweltschützer aufgenommen haben. Jetzt hat auch das reiche, mächtige und moderne rot-grüne Deutschland des Kanzlers Schröder entschieden, die Straße der Atomenergie zu verlassen. Und da können wir nur hoffen, dass niemand mehr Lust hat, sich über das Unternehmen der Ökologen lustig zu machen, die in Italien oft pauschal in eine Reihe mit Feinden des Fortschritts gestellt werden.
Die spanische Zeitung La Vanguardia kommentiert: Der deutsche Kompromiss über den Atomausstieg ist auch außerhalb Deutschlands von Bedeutung. Er wird eine neue Debatte über die Zukunft der Kernenergie und die ökologischen Vorteile eines Ausstiegs auslösen. In Deutschland scheinen Regierung und Atomindustrie übereinzustimmen, dass sie mit dem ausgehandelten Kompromiss nicht zufrieden sind. Dennoch bedeutet der Atomausstieg einen wichtigen Schritt. Er ist ein neuer Faktor in der Debatte.
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