die anderen:
Die Turiner Zeitung La Stampa schreibt über die militärpolitischen Optionen der USA: Das strategische Dilemma Bushs ist einfach und furchtbar zugleich: Um zu gewinnen, muss er wie der Feind denken, vorgehen wie dieser, schnell sein wie dieser. Aber der grausame, dunkle, gewalttätige und geheime Feind wendet eine Taktik und eine Strategie an, die einer offenen und demokratischen Gesellschaft entgegenstehen. Kann man zu solchen Methoden greifen, ohne sich gleichzeitig von der Demokratie zu verabschieden?
Zur US-Koalitionsstrategie schreibt die römische Zeitung La Repubblica: Riad, Kairo, sogar Damaskus: George Bush braucht die Unterstützung der großen arabischen Hauptstädte, um zu beweisen, dass es sich bei der Jagd auf Bin Laden um den Kampf gegen die Taliban und gegen den internationalen Terrorismus handelt und dass damit nicht ein Krieg zwischen Christentum und Islam eröffnet wird. Aber das Vorhaben erweist sich als sehr viel schwieriger als beim Golfkrieg vor zehn Jahren. Zu viele Fauxpas hat Bush begangen, aber vor allem ist die Verantwortung Bin Ladens und der Afghanen für die Terroranschläge sehr viel weniger unbestreitbar als seinerzeit die Invasion Saddams in Kuwait. Und auch der Druck der öffentlichen Meinung ist selbst in den moderaten arabischen Staaten heute erheblich stärker.
Die französische Tageszeitung Liberation schreibt über die Folgen des Terrors: Die Kamikazekiller vom 11. September haben auch einen Veränderungsprozess im Weißen Haus eingeleitet. George W. Bush hatte während seiner Wahlkampagne eine größtmögliche Zurückhaltung des Staates in Wirtschaftsfragen gepredigt. Dieser gleiche Mann verspricht heute eine massive Unterstützung des Staates für alle Wirtschaftsbereiche. Nach der versprochenen Sonderhilfe für die Luftfahrtgesellschaften will er jetzt die Staatsmacht gegen das Gespenst der Rezession einsetzen. George W. Bush wird zum Bauherrn eines neuen New Deal! Das heute Unglaubliche kann zur Realität von morgen werden.
Die Tageszeitung Nesawissimaja Gaseta warnt vor einer voreiligen Beteiligung an Angriffen: Russland hat die verlockende Chance erhalten, sich der Elitegesellschaft anzuschließen und sich mit der Nato anzufreunden. Die russische Führung zögert jedoch, auf den vorbeifahrenden Panzerzug zu springen. Das macht Moskau richtig. Wenn es nach Pulver und viel Blut riecht, ist keine Eile angebracht. Es ist nicht verkehrt, zuvor zu fragen: „Gegen wen wollen wir Freundschaft schließen?“
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