die anderen:
Die Presse (Wien) kommentiert die Wirtschaftslage in Deutschland: Gerhard Schröder ist nicht zu beneiden. Zentrale Kabinettsmitglieder des deutschen Kanzlers stellen sich immer öfter als Lachnummer zur Schau, und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Das gilt noch viel mehr in wirtschaftlicher Hinsicht: Der einstige Primus Deutschland AG ist auf die Verliererstraße geraten. Und Schröder scheint nicht in der Lage zu sein, einen Kurswechsel herbeizuführen. Auf Besserung sollte man nicht hoffen, zumindest nicht bedingt durch eine politische Wende. Auch was der Kanzlerkandidat der Opposition, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, bisher von sich gegeben hat, ist wenig ermutigend.
Zur Kandidatur von Edmund Stoiber für das Amt des Bundeskanzlers schreibt La Libre Belgique aus Brüssel: Als er vor drei Wochen als Kandidat ausgerufen wurde – nach dem plötzlichen Verzicht von Angela Merkel, der Vorsitzenden der größeren Bruderpartei CDU –, stieß der CSU-Chef auf einige Startprobleme. Bei weitem nicht so telegen wie Schröder, hatte er während seiner beiden ersten längeren Interviews im Fernsehen Schwierigkeiten, klare Sätze zu formulieren. Auch hat er voreilige Ankündigungen zur Abschaffung homosexueller Gemeinschaften, zur Steuerreform, der Rückkehr zur Atomkraft und zur Rücknahme mehrerer Gesetze, die den Gewerkschaften am Herzen liegen, berichtigen müssen. Als er die Stoßrichtung korrigierte, überraschte er damit seine eigene Truppe, indem er den Eindruck erweckte, nichts ändern zu wollen. Die Umfragen sprechen dem bayrischen Herausforderer einen größeren Sachverstand zu, wenn es um die Wirtschaft und das Schaffen von Arbeitsplätzen geht. Die Ausgangsbasis ist ausgezeichnet, aber auf dem Weg zum Gipfel warten noch viele Fallstricke.
Zur Entwicklung der Staatsfinanzen in Deutschland meint die Financial Times (London): Man kann die Schadenfreude kaum verbergen. Die Zwangsjacke, die allen Euro-Mitgliedstaaten verpasst wurde, trägt das Markenzeichen Deutschland. Sie wurde geschneidert, um die Ausgabelust von Ländern wie Italien oder Belgien zu bremsen. Nun ist Deutschland das erste Land, für das das Tuch zu knapp geschnitten wurde. Die Warnung der EU-Kommission an Deutschland ist von großer Wichtigkeit. Sie bedeutet nicht, dass der Euro gescheitert ist, aber sie ist eine Warnung an die politischen Führer der EU, dass das Projekt erst halb fertig ist. Wir haben die Münzen und die Noten, warten aber noch auf die ökonomische Dimension der Einheitswährung.
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